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Kolumne: Kein Problem? Die Macht und der Einfluss der Fans

Von Markus Rohringer - Kolumne vom 01.06.2019 12:04 Uhr
© Sega / Paramount

Ob beim gescholtenen Design von Sonic oder der Petition zum Neudreh der 8. Staffel von „Game of Thrones“: Der Einfluss der Fans auf Unterhaltungsprodukte und die Selbstverständlichkeit, mit der er geltend gemacht wird, ist in den letzten Wochen so spürbar wie selten zuvor. In beiden Fällen war die Kritik völlig berechtigt – Also überhaupt kein Problem, oder etwa doch?

Bei diesem Artikel handelt es sich um eine Meinung von Markus Rohringer.

Selten war sich das Internet so einig, wie bei dem Sonic-Design des vorgestellten Trailers zum kommenden Film. Es wurde weder der Vorlage noch irgendwelchen ästhetischen Ansprüchen gerecht. Die Kritik war dementsprechend harsch und unisono: Dieser Sonic geht gar nicht, ein neues Design muss her! Paramount, im Versuch das PR-Desaster noch einigermaßen abzuwenden, reagierte prompt und versprach ein Redesign. Auch der Sonic-Miterschaffer Yuji Naka meldete sich anschließend zu Wort und dankte den Fans für ihr Engagement. Ein Shitstorm beeinflusst also einen kompletten Film, vermutlich zum Besseren. Eine faszinierende Entwicklung.

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Ähnlich einig sind sich auch die Fans von „Game of Thrones“: Die 8. und finale Staffel der Blockbuster-Serie enttäuschte durch gehetztes Writing, unlogische Charakterentwicklungen und Style over Substance. Die vermeintliche Lösung ließ nicht lange auf sich warten, eine Petition wurde gestartet, laut der die Staffel mit neuem Drehbuch erneut gefilmt werden soll. Die Aussichten auf Erfolg sind hierbei wohl verschwindend gering, dennoch haben derzeit rund 1,6 Millionen Fans unterschrieben.

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Einigkeit verschleiert die Problematik

Eigentlich könnte ich mir also keine ungeeigneteren Beispiele aussuchen, um diesen Einfluss kritisch zu hinterfragen. Als großer Sonic- und „Game-of-Thrones“-Fan bin ich selbst sogar der Letzte, der die beanstandeten Mängel verteidigt. Wenn sich alle einig sind, dann ist es ja gut, wenn die Fans zumindest teilweise die Macht haben, Dinge zu beeinflussen, nicht wahr?

Gerade diese Einigkeit in den konkreten Fällen ist es aber, die aus meiner Sicht den Blick auf das Gesamtbild trübt. Stellen wir uns vor, es handle sich um eine deutlich polarisierendere Materie. Shitstorms sind in Zeiten des Internets wahrlich kein neues Phänomen und oft genug waren sich die Massen alles andere als einig. Wie sieht es in solchen Fällen aus? Gewinnt dann die Seite, die lauter schreit? Eine Demokratisierung der Unterhaltungsindustrie also, wenn man es positiv formulieren möchte? Oder endet es vielleicht doch nur in der Anbiederung an den faden Massengeschmack, dem kleinsten gemeinsamen Nenner, um nur ja nirgendwo anzustreifen?

Kreativität in kommerziellen Produkten?

Selbst für diese Annahme müssten wir außen vor lassen, dass es oft genug vokale Minderheiten sind, die ihrem Unmut freien Lauf lassen, während die zufriedene Masse schweigt, weil Unzufriedenheit immer der größere Motivator ist, sich Gehör zu verschaffen. Aber nehmen wir an, es fände wirklich so etwas wie ein demokratischer Prozess statt, sprich die Mehrheit würde sich durchsetzen. Spinnt man den Gedanken konsequent zu Ende, bedeutet das das Todesurteil für jeglichen kreativen Prozess, der hinter diesen Unterhaltungsmedien steckt.

Freilich lässt sich vorzüglich hinterfragen, ob derartige kommerzielle Produkte für den Massenmarkt wirklich noch irgendetwas mit Kreativität und künstlerischer Freiheit am Hut haben, oder ob hier nicht ohnehin die Marketingabteilung den Kurs bestimmt. Man mag mir gerne Naivität unterstellen, aber gerade der Umstand, dass das Sonic-Design so furchtbar ausfiel und irgendjemand es dennoch durchgewunken haben muss, ist für mich das Resultat einer kreativen Entscheidung. Eine überhaupt nicht nachvollziehbare zwar, aber eine Entscheidung nichtsdestotrotz.

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Spezialfall Videospiele

Besonders kurios wird diese aus meiner Sicht nur schwer handhabbare Trennung zwischen kommerziellen und künstlerischen Werken, wenn wir kurz einen Schwenk in Richtung des Mediums Videospiele machen. Einerseits haben wir Gamer jahrelang dafür gekämpft, dass Videospiele endlich als Kulturgut und Kunst anerkannt werden und andererseits erwarten wir uns nirgendwo sonst so viel Mitspracherecht wie bei Games.

Bis zu einem gewissen Grad ist das für mich völlig nachvollziehbar, weil es bei Videospielen eben nicht nur die kreative, sondern auch die funktionale bzw. technische Ebene (Bugs, Steuerung, Grafik, etc.) gibt, die deutlich objektiver bewertbar ist und Gamedesign nicht immer klar in die eine oder andere Schublade zu stecken ist. Die Branche tut sich in dieser Hinsicht auch selbst keinen Gefallen, denn mit Konzepten wie Games as a Service stellt sie quasi den Freischein zur Kritik aus. Ein Service hat in erster Linie zu funktionieren und mir das zu bieten, was ich als Konsument erwarte, mit Kreativität hat das wenig zu tun.

Der Graubereich fängt da an, wo dediziert kreative Entscheidungen in Frage gestellt werden. Bereits im Jahr 2012 etwa wurden die Enden von „Mass Effect 3“ nach massiver Fankritik ausgeweitet. Auch hier muss ich zugeben, dass mir die neuen Enden besser gefielen als in der Ursprungsfassung, doch das ist nicht der Punkt. Was, wenn die Macher sich bewusst dafür entschieden hatten und nur aufgrund des Drucks nachgeben mussten? Stimmen wir zukünftig bei jedem Spiel und Film solange über das Ende ab, bis es der Mehrheit gefällt?

Als Spieleredakteur, der sich zwar regelmäßig erdreistet, Games einen Wertungsstempel zu verpassen, will ich mich dennoch vor allem mit dem Endprodukt eines kreativen Prozesses auseinandersetzen, nicht mit dem Ergebnis diverser Umfragen. Ich stelle nicht den Anspruch, jede Designentscheidung nachzuvollziehen oder gutzuheißen, doch gerade das Unkonventionelle – die Vision eines Einzelnen –  ist es oft, das einen positiv überrascht und ein einzigartiges Resultat hervorbringt.

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Die Vorlage macht‘s

Sowohl der Sonic-Film als auch die 8. Staffel „Game of Thrones“ haben eine lange Vorgeschichte, sind also nicht im Vakuum entstanden. Es gibt mit der Vorlage beziehungsweise den Vorgängerstaffeln einigermaßen objektivierbare Qualitätskriterien, die zum Vergleich herhalten. Das sollte den kreativen Spielraum zwar dennoch nicht einschränken, erklärt aber zumindest den Aufschrei, denn es handelt sich um liebgewonnenes Fan-Allgemeingut.

Doch wo liegt hier die Grenze zwischen Vorlagentreue und kreativem Spielraum? Es existiert mittlerweile beispielsweise auch eine Petition dagegen, Schauspieler Robert Pattinson als neuen Batman zu besetzen. Die zählt zwar derzeit nur 6.000 Unterschriften, ist aber aus meiner Sicht dennoch völlig absurd. Gerade Batman ist das Paradebeispiel dafür, dass ein kommerzielles Produkt zahlreiche kreative Neuinterpretationen hervorbringen kann.

Die Bandbreite an unterschiedlichen Batmen und Jokers – sowohl in Comics als auch in Filmen, die wir im Laufe der letzten Jahrzehnte gesehen habe, ist enorm. Ich behaupte sogar, dass es gerade diese Bandbreite ist, die das Franchise so frisch gehalten hat. Auch wenn sich daran kaum noch jemand erinnern mag oder kann, aber auch bei der Besetzung des Jokers durch Heath Ledger gab es zahlreiche Stimmen, die sich dagegen ausgesprochen hatten. Ein Glück, wurde damals auf diese Stimmen nicht gehört.

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