Sein oder nicht sein? Ist The Witcher 2 das Rollenspiel des Jahres oder doch nur Standardkost? Gerade nach dem rollenspieltechnisch eher enttäuschenden Dragon Age 2 warteten Genre-Fans auf eine Offenbarung und sahen sie größtenteils in Hexer Geralt: Warum dieser unsere Erwartungen mehr als nur erfüllt hat, lest ihr im folgenden Testbericht. Ein Prolog, der seines Gleichen sucht Es mag früher noch Gang und Gebe gewesen sein sich für die Hintergrundgeschichte seines Spiels viel Zeit zu nehmen und sie den Gamern ans Herz zu legen, doch irgendwie ging diese Tradition in Zeiten technischer Spielereien wohl unter. CD Projekt RED kann trotzdem mit einem Prolog aufwarten, in dem man locker drei Stunden verbringen kann und allerlei über die Welt, in der Geralt lebt, erfährt. Das ganze spielt sich in einer Art Flashback ab, da wir in einem Kerker gefangen sind und in einem schaurigen Verhörraum die Geschichte unserer Gefangennahme erzählen. Wie sich herausstellt, waren wir zur falschen Zeit am falschen Ort und werden nun des Königsmordes bezichtigt. Zum Glück kann Geralt mit ein wenig Hilfe dann aber aus dem Kerker ausbrechen und sich auf die Suche nach dem echten Mörder machen. Übrigens: Schon während dieses Ausbruchs gibt es viel zu sehen. Je nachdem welchen Weg man durch den Kerker wählt findet man noch zwei weitere Gefangene, die man befreien kann. Eine von ihnen ist übrigens weiblich und wer The Witcher kennt, weiß, dass ihr Dank nur in einem Techtelmechtel zum Ausdruck gebracht werden kann. Der Königsmörder Wie bereits erwähnt, erhielten wir bei unserem Ausbruch ein wenig Hilfe von ansässigen Angestellten, die uns unsere Geschichte glauben und mit uns den Mörder des Königs suchen wollen. Diese Suche gestaltet sich ein wenig einfach, da der nette Herr zu uns kommt, bevor wir überhaupt richtig mit der Suche nach ihm beginnen. Schnell stellt sich heraus, dass er ein persönliches Problem mit uns hat, wir allerdings dank eines Gedächtnisverlusts keine Ahnung davon haben. Dazu kommt das Elfenvolk Scoia'tael, welches mit der politischen Lage in Temerien mehr als unzufrieden ist und dem Mörder zur Seite steht. Wie er seht, gibt es einige Verschwörungen und Geheimnisse in Temerien und um Spoiler zu vermeiden, möchten wir darauf nun auch nicht näher eingehen. Nicht nur Haupt-, sondern auch Nebenmissionen Wie schon im Vorgänger, kann man auch in The Witcher 2 wieder zahlreiche Nebenquests erledigen um sich ein paar Extra-Erfahrungspunkte zu verdienen, oder einfach einer Dame in Not zu helfen. Die Aufgaben sind dabei sehr abwechslungsreich ausgefallen und bieten meistens mehrere Lösungsansätze. So sollen wir z.B. für einen Mann am Hafen das Rezept für ein sich gut verkaufendes Raucherstäbchen besorgen, da dieser denkt, dass irgendwas Giftiges in dem Artikel steckt. Ohne Umschweife machen wir uns also auf dem Weg zum Kaufmann und fragen ihn nach seinem Rezept und machen ihm klar, dass er eventuell etwas giftiges verkauft. Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Erstmal bietet der Händler uns an, dass er uns ein anderes Rezept gibt, damit wir unsere Belohnung abstauben können und er sein Geheimnis nicht offenlegen muss. Wenn wir darauf eingehen, bringen wir das gefälschte Rezept zu unserem Auftraggeber und wissen nicht, wie dieser reagiert. Stattdessen können wir dem Verkäufer aber auch einfach mit einem unserer Schwerter drohen und mal schauen, ob er uns noch immer nicht sein Rezept geben will. Diese kleinen Aufgaben ändern zwar nichts am Storyverlauf, entscheiden aber darüber wie bestimmte Menschen uns Gegenüber stehen und was man im Vorbeigehen über uns erzählt. Es gibt viel zutun, in der Handlung Die Aufgaben, denen wir uns zwangsweise während des Storyverlaufs stellen müssen, nehmen natürlich wie schon im Vorgänger Einfluss auf die Geschichte. So gibt es, je nachdem wie man sich verhält und was für Entscheidungen man trifft, verschiedene Enden zu bestaunen, die es auch Wert sind, dass Spiel nochmal auf komplett anderer Art und Weise durchzuspielen. So gibt es nicht nur kleine Entscheidungen zu treffen, sondern auch schwerwiegendere Dinge. Geht man in Akt 1 zum Beispiel ins Zwergenlager Vergen, so kann man nicht ins Heereslager von König Henselt und umgekehrt. Natürlich bleiben dem Hexer so auch die Aufgaben verweigert, die im jeweils anderen Lager zu finden sind. Solche Entscheidungen gilt es öfter im Spiel zu treffen und machen das Abenteuer definitiv mehr als einmal spielenswert, was auch dringend nötig ist. Mit 25 Stunden fällt die Spielzeit zwar hoch aus, allerdings hätten wir ein wenig mehr erwartet. Dank des hohen Wiederspielwert um alle Enden zu sehen und alle Entscheidungen mal getroffen zu haben, könnte man die Gesamtspielzeit auf rund 40 Stunden schätzen. Die Atmosphäre: Meistens super! In Temerien kann man sich schnell verlieren und einleben. Die Welt wurde mit Liebe gebastelt, die Grafik ist wunderschön und die Menschen führen raue Dialoge, die man sich gerne anhört. Dennoch ist The Witcher 2 noch lange nicht perfekt. So muss man ab und an ein wenig hektisch vor einer Tür herumhampeln bevor man endlich die Option bekommt diese zu öffnen oder im Kampf kann es schnell passieren, dass die gut gemeinte Auto-Zielhilfe den falschen Gegner anvisiert und wir ein zwei Schläge mehr als nötig einstecken. Auch die Begleiter-KI macht es uns manchmal schwer und bleibt an Wegpunkten hängen, ohne dass wir sie irgendwie wieder daraus kriegen. Diese kleinen Schwächen sind zwar aufgrund des seltenen Auftretens, Kritik auf hohem Niveau, drücken allerdings ab und an auf die sonst so einzigartige Atmosphäre. Kampf, Alchemie und Magie Veteranen des ersten The Witcher-Spiels werden wohl kaum ein Problem mehr mit dem Timing-basierten Kampfsystem haben, welches dort zum Einsatz kam, aber trotzdem haben die Entwickler das Ganze nun Einsteiger-freundlicher gestaltet. So führt man nun per Linksklick einen leichten, aber schnellen Schlag aus, der es einem erlaubt noch schnell ausweichen zu können, während man auf der rechten Maustaste einen harten Schlag ausführt, bei dem man mehr oder weniger komplett unbeweglich ist. Auf dem leichtesten Schwierigkeitsgrad ist es übrigens egal, ob man einfach nur drauf los knüppelt und alles umsiebt, aber spätestens ab der Schwierigkeit Normal sind Zauber und Alchemie unabdingbar. So kann man sich Öle und Tränke herstellen, die es einem ermöglichen seine Waffen zu verstärken oder sich selbst zu schützen. Die übermäßige Einnahme von Tränken führt allerdings zu einer Vergiftung, die uns schnell töten kann, deswegen sollte man immer genau abwägen, welchen Trank man wann einnehmen möchte. Das Magiesystem klingt mit gerade einmal sechs verfügbaren Zaubern sehr abgespeckt, allerdings lassen diese sich taktisch extrem gut einsetzen und kombinieren. So gibt es mit Igni einen Feuerzauber, der ganz normal Schaden verursacht, während Axii einen Gegner kurzerhand dazu überredet, uns in der Schlacht beizustehen. Der Zauber kommt besonders dann sehr gut, wenn man gegen Ende eines größeren Kampfes eine Verschnaufpause braucht und die beiden letzten verbleibenden Gegner aufeinander loshetzt. Aber auch die anderen Zauber können sich sehen lassen und bieten zahlreiche Möglichkeiten einen fast verlorenen Kampf noch zu retten. Zusatzinhalte & Abschlussschwäche Kein wirkliches Testkriterium, aber durchaus erwähnenswert sind bei The Witcher 2 die immer beliebter werdenden DLC-Pakete. Während die meisten Entwickler den Zusatzinhalt gerne für ein kleines Entgelt an den Kunden bringen, verspricht CD Projekt RED die Extra-Missionen umsonst auf den Markt zu werfen und so das Spiel stetig zu erweitern. Mit ein wenig Glück werden so auch noch einige Fragen geklärt, die nach dem Abspann des Spiels bestehen bleiben, denn davon gibt es leider einige. So besteht jedes Spielende aus einem schnell langweilig werdenden Dialog, der weniger Antworten liefert, als man es sich als Spieler wünscht. Diese Tatsache ist leider sehr enttäuschend und auch unerklärlich, da den Rest des Spiels über die Inszenierung beinahe perfekt gelungen war. Das Ende kann zwar nicht mehr geändert werden, allerdings besteht so immerhin die Hoffnung, dass kostenlose DLC-Pakete die Geschichte um Geralt und Konsorten vervollständigen.