Nachdem Konami Entertainment mit Pro Evolution Soccer 2012 bereits einen Hammer-Titel im Fußball-Genre vorgelegt hat, folgt nun unsere Review zu EA Sports' FIFA 12. Wie gewohnt pickte sich Electronic Arts ein großes Feature des neuen FIFA-Ablegers raus und verkauft dies als die „Revolution des Genres“. Wie genau die neuen Features wie die „Player Impact Engine“ oder der „EA Football Club“ funktionieren und ob die Serie erneut einen Schritt in die richtige Richtung geht, erfahrt Ihr in unserer nun folgenden Review.
Das Herzstück von FIFA 12
Als „Herzstück“ von FIFA 12 ist der EA Sports Football Club zu bezeichnen. Der Football Club ist Teil des neuen Hauptmenüs von FIFA 12. Stets werden wir über neue Ereignisse wie freigeschaltete Erfolge, Freundes-Aktivitäten oder Sportnews informiert. Insgesamt ähnelt der Football Club dem AutoLog-Feature, welches in einigen Rennspielen wie Need for Speed von Electronic Arts bereits enthalten ist. Neben Informationen rund um FIFA 12-Ereignisse bekommen wir täglich neue Challenges gestellt.
So steigen wir zum Beispiel als FC Chelsea in der 48 Minute gegen Manchester United beim Spielstand von 3:1 aus Sicht von den Red Devils ein. Ziel ist es, das Spiel zu drehen und die Siegesserie von Rooney und Co. gegen den ehemaligen Ballack-Club zu stoppen. Haben wir dies geschafft, erhalten wir Erfahrungspunkte auf unser‘ virtuelles Fußball-Club-Konto. Jedoch bringen nicht nur absolvierte Challenges XP, sondern auch verschiedene Aktionen in allen Spielmodi. Nach und nach steigern wir dadurch unser‘ FIFA-Level, welches das eigene Können repräsentiert. Insgesamt ist der EA Football Club ein sehr gelungenes Feature, welches vor allem durch seine Rollenspiel-Elemente fesseln kann.
‚Eier, wir brauchen Eier‘
Während sich EA Sports im letzten Jahr noch mit „Personality Plus“ (realistische Stärken und Schwächen der virtuellen Kicker) beschäftigte, lag der Fokus in diesem Jahr auf der „Player Impact Engine“. Dank diesem neuen Element in der Spielmechanik von FIFA 12 steuern sich die virtuellen Kicker so realistisch wie noch nie über das weite Grün. Die Hauptaufgabe der „Player Impact Engine“ liegt darin, Kollisionen der Kicker zu simulieren. Bedeutet: Die Engine greift dann ein, wenn sich zwei Spieler zu nahe kommen. Dabei entstehen hübsche und zumeist sehr neckische Zweikämpfe, welche durch viele neue Animationen sehr frisch wirken. Außerdem vergehen des Öfteren einige Sekunden, bis sich einer der beiden Spieler durchsetzen kann. Sieht man sich selbst aus der Position eines Verteidigers ist die „Player Impact Engine“ als fordernd zu bezeichnen. Es ist gehöriges Timing nötig, um dem gegnerischen Spieler den Ball abnehmen zu können. Verpasst man den richtigen Moment, gibt es schnell eine Standardsituation für die gegnerische Mannschaft. Somit brauchen nicht nur Anfänger, sondern auch FIFA-Veteranen einige Minuten Eingewöhnungszeit, bis sie das „Tactical Defending“ sowie die neue Impact-Engine einigermaßen beherrschen.
Rüde Attacken auf dem Feld
Die „Player Impact Engine“ macht sich nicht nur im Bereich Zweikämpfe bemerkbar, sondern auch in Sachen Fouls und Tacklings. Die neue Engine erkennt so realistisch wie nie zuvor, welche Spieler sich gegenüber stehen. Ein Beispiel: Grätschen wir mit dem serbischen Innenverteidiger Nemanja Vidic von Manchester United mit beiden Beinen voraus in kleine, wendige Spiele wie etwa Mario Götze oder Lionel Messi, heben diese mit einem halben Salto ab und bleiben anschließend mit schmerzverzerrten Gesicht liegen. Starten wir die gleiche Aktion gegen gleichwertige, bullige Spieler wie etwa Wayne Rooney oder Fernando Torres, fangen diese sich mit beiden Händen auf dem grünen Rasen ab und springen einsatzbereit wieder auf. Dies sieht nicht nur genial aus, sondern macht das Spielerlebnis um einiges unberechenbarer.
Taktische Defensivarbeit garantiert
Eine weitere Neuerungen in Sachen Spielmechanik ist im Bereich Verteidigung geschehen. So hat EA Sports das „Tactical Defending“ implementiert. Getakelt wird ab ab sofort mit einer Taste. Das Timing spielt dabei eine große Rolle. Konfrontieren wir den gegnerischen Spieler zur falschen Zeit mit unserem Tackling, dribbelt er geschickt an uns vorbei und zieht in Richtung Tor. Insgesamt ist der Schwierigkeitsgrad sehr gestiegen. So nutzt die stark verbesserte künstliche Intelligenz Fehler eiskalt aus. Außerdem kombiniert der Computer bereits auf Halbprofi wie eine Top-Mannschaft durch die eigenen Reihen, wodurch eine gewisse Einarbeitungszeit für jeden Spielertyp (Anfänger oder Veteran) nötig ist.
Abwechslung. Oder auch: Die Spielmodi!
Wie schon im vergangenen Jahr bietet auch FIFA 12 eine große Auswahl an Spielmodi. Natürlich wurde das „Virtual Pro“-Feature aus dem Vorgänger übernommen, jedoch nicht großartig verändert. Erneut basteln wir uns zu Beginn einen eigenen Spieler, stellen Herkunft, Name, Aussehen (Gameface-Feature inklusive) sowie einige Eigenschaften ein und absolvieren dann Spiele, um Leistungen freizuschalten. Dabei kann jeder selbst entscheiden auf welcher Position gespielt wird: Vom bulligen Torwart, über einen wendigen Spielmacher bis hin zum klassischen Stürmer sind alle Positionen auswählbar. Natürlich kann der „Pro“ auch in den verschiedenen Karrieremodi genutzt werden. Wer keine Lust auf eine Virtual Pro-Saison (4 Jahre inklusive Transfers) hat, der gibt sich als Spielertrainer im überarbeiteten Karrieremodus die Ehre. Neben einer neuen, dynamischen Hauptzentrale bietet der Karrieremodus neuerdings die Spannung und Dramatik der letzten Stunden der Transferperioden. Innerhalb der letzten acht Stunden kann sich einiges tun, sowohl im Bereich Verbesserung als auch Verschlechterung des eigenen Teams.
Wirklich neue Spielmodi sucht man vergebens. Im Online-Bereich gibt es dafür die ein oder andere Verbesserung. So spielt man in der 1-gegen-1 Ranglisten-Riege nun insgesamt 10 Divisionen durch. Für jeden Sieg und für jedes Unentschieden bekommen wir drei beziehungsweise einen Punkt(e) gutgeschrieben. Für den „Pro Clubs“-Modus hat sich EA Sports keinerlei Neuerungen einfallen lassen, dennoch wichtig: EA hat doppelt so viele Online-Server bereitgestellt, damit nervige Lags und Verzögerungen bei den Pro-Clubs-Partien der Vergangenheit angehören. Ob dies tatsächlich der Fall ist muss sich jedoch erst im Härtetest nach dem offiziellen Release zeigen. Erstmals ab dem Release verfügbar, bereits auf der Disk und damit völlig kostenlos ist das Sammelkarten-AddOn „Ultimate Team“. Das Grundprinzip bleibt das gleiche: Wir starten mit einem Bronze-Team in eine neue Saison, müssen uns nach und nach in Spielen (Online oder Offline) Spielmünzen erspielen und diese dann auf dem Transfermarkt oder in Kartenpakete investieren, um so unser‘ Traumteam auf die Beine stellen zu können. Keine wirkliche Neuheit, aber wie heißt es so schön: „Sex sells“.
Absolute Weltklasse: Das Lizenzpaket!
Während sich Konami Entertainment weiterhin mit der verkleinerten UEFA-Lizenz für Pro Evolution Soccer 2012 zufrieden geben muss, bietet EA Sports mit FIFA 12 die volle Packung Lizenzen. Neben zahlreichen lizenzierten Stadien wie beispielsweise die Allianz Arena vom FC Bayern München, das Old Trafford von Manchester United, das Santiago Bernabéu von Real Madrid oder auch das neue Stadion von Juventus Turin beinhaltet FIFA 12 insgesamt 29 Ligen aus 22 Ländern. Darunter natürlich die erste und zweite Fußball-Bundesliga, die englische Premier League, die spanische Liga BBVA oder auch die italienische Serie A. Das alle Teams der 29 Ligen voll lizenziert sind, brauchen wir euch an dieser Stelle sicherlich nicht erklären, denn es ist mittlerweile eine Selbstverständlichkeit! Während die türkische Liga komplett aus dem Lizenzkatalog geflogen ist (Galatasaray Istanbul ist die einzige türkische Vereinsmannschaft im Spiel), finden sich mit Peru, Kolumbien, Cote d’Ivoire und Chile gleich vier neue Nationalteams im Kader von FIFA 12 wieder. Insgesamt ist das Lizenzpaket das absolute Nonplusultra für alle Fußballfans jeder Nationalität.
Technische Meisterleistung
Einer der Kritikpunkte der FIFA-Serie war Jahr für Jahr die eher dröge Darstellung. Auch diesem Thema hat sich EA Sports in diesem Jahr angenommen und ordentlich an der optischen Darstellung von FIFA 12 geschuftet. Das beste Beispiel: Die deutsche Nationalmannschaft. Mit insgesamt 18 3D-High-End-Kameras wurden die Spieler von Jogi Löw’s DFB ins Spiel gebracht. Der Unterschied zu den Modellen des Vorgängers ist nahezu verblüffend: Özil, Müller und Co. sehen ihren realen Vorbildern so ähnlich wie noch nie in einem virtuellen Fußballspiel. Leider hat sich außerdem des Feldes nur wenig getan: Immer noch stehen die Kameramänner wie aus Eis gemeißelt an der Seitenlinie herum und die Zuschauer besitzen immer noch die gleiche Pixeloptik wie in FIFA 11 – schade!
Dafür hat man seitens EA die eigentliche Stadionatmosphäre stark aufgemöbelt. Neben neuen Fangesängen und einer besseren Abstimmung zwischen Pfiffen und Torjubeln merkt man richtig die heiße Stimmung im Stadion, wenn sich rivalisierende Mannschaften wie beispielsweise Manchester United und Manchester City gegenüber stehen. Und wer lieber seine eigenen Torjingles oder Fangesänge hören möchte, kann dies per Einbindungsfunktion relativ benutzerfreundlich tun. Das Kommentatoren-Duo in der deutschen Originalversion heißt auch in diesem Jahr Manni Breuckmann und Frank Buschmann. Beide haben für FIFA 12 einige neue Phrasen eingesprochen, jedoch wiederholen sich diese nach kurzer Zeit sehr häufig. Abhilfe schaffen da die englischen Kollegen, welche diesmal wieder auf der Disk enthalten sind.