PLAYCENTRAL TESTS Mass Effect

Mass Effect Legendary Edition im TEST – Starkes Remaster oder billige Neuverwurstung?

Von Benjamin Braun - Test vom 13.05.2021 14:00 Uhr
© EA/BioWare

Manche Games vermögen es, die Spieler*innen so zu fesseln, dass man noch Jahre später so intensive Erinnerungen daran hat, als hätte man sie erst vor wenigen Wochen zum ersten Mal gespielt. Das Ende 2007 erstmals veröffentlichte Mass Effect und dessen beide bis 2012 erschienenen Fortsetzungen gehören gewiss für viele RPG- und Science-Fiction-Freunde zu diesen Spielen.

Entwicklerstudio Bioware erschuf dafür ein komplexes Zukunftssetting um Massenportale, sonderbare Alienvölker und eine um seine Existenz bedrohte Galaxie, die zwar tatsächlich die unsere ist, aber in einer nicht allzu fernen Zukunft, die Utopie und Dystopie zugleich ist. Mittendrin stecken wir selbst in der Rolle des menschlichen Commander Shepard, der nichts anderes schaffen muss, als die todbringende Ankunft eines uralten Maschinenvolks namens Reaper zu verhindern.

In diesem Artikel soll es allerdings gar nicht um die Geschichte von Shepard, seine konsequenzenreichen Entscheidungen oder seine charismatischen Crew-Mitglieder gehen, sondern um die Mass Effect Legendary Edition, die die gesamte Trilogie als Remastered-Versionen in ein Paket schnürt. Ob ihr die Neuauflage der Weltraum-Odyssee haben müsst oder getrost einen Bogen darum machen könnt, haben wir für euch herausgefunden.

Grafisch viel besser mit Luft nach oben

Die ersten drei Teile von „Mass Effect“ erschienen bekanntlich allesamt für die inzwischen vorletzte Konsolengeneration, sprich: für Xbox 360 und (teils mit großer Verzögerung) PS3. Beim Launch der Legendary Edition läge es also eigentlich nahe, dass auch direkt die PS5 und Xbox Series X|S bedient werden. Tatsächlich legt EA die Trilogie allerdings nur für PC, PS4 und Xbox One neu auf. Ihr könnt die Versionen also zwar dank der Abwärtskompatibilität (wie wir es für diesen Test machten) auch auf den neuen Konsolen spielen. Ihr bekommt allerdings keine dafür optimierte Fassung, profitiert also lediglich von grundlegenden Vorteilen, etwa den sehr kurzen Ladezeiten bei der Installation auf der internen SSD. Pläne für ein Next-Gen-Update gibt es aktuell keine.

Entwickler Bioware geizt deshalb allerdings keineswegs mit grafischen Verbesserungen. Auch auf den „Last-Gen-Konsolen“ gibt es 4K-Auflösung, flüssige 60 Frames (wobei die seltener vorhandenen vorgerenderten Cutscenes oft leicht unstet laufen) und jede Menge frische Grafikeffekte wie volumetrischen Rauch, Echtzeitspiegelungen auf Wasserflächen und natürlich nicht zuletzt höher auflösende Texturen. Von letzteren profitiert die Trilogie bei der Umgebungsgrafik, egal ob Felsen, Bodenbeläge oder dem meist als Bitmap eingepflegten Horizont in der Ferne.

Mass Effect Legendary Edition im Test © EA/BioWare

Vor allem aber legen die Charaktere visuell deutlich zu. Die Basecap von Joker, dem Stammpiloten eures Raumschiffs Normandy, ist nun kein grobes Etwas auf dem Kopf eures Kumpels. Jede einzelne Naht ist sauber zu erkennen. Auch die Haut der Charaktere und deren Uniformen und Rüstung machen wesentlich mehr her. Sahen Knöpfe oder Gurtschnallen im Original oft noch wie aufgemalt aus, sind sie nun nur noch in Ausnahmefällen Teil einer simplen Texturtape, sondern heben sich detailliert geformt deutlich sichtbar vom Rest der Kluft ab.

Die überwiegend mit Close-ups arbeitenden Dialogsequenzen profitieren noch mehr von der erhöhten Detailfülle. Admiral Anderssons Haut zeigt nun eine feine Struktur mit vielen kleinen Dellen. Die mit einem neuen Shader aufgewerteten Augen funkeln regelrecht bei entsprechendem Lichteinfall, was die NPCs und Shepard selbst lebendiger und vor allem plastischer und damit realistischer erscheinen lässt. Allerdings haben die NPCs auch Schwächen. Gerade an Kopfhaaren oder Bärten sind die 360-Wurzeln noch sehr gut erkennbar. Da zudem die damals sehr gute, aus heutiger Sicht jedoch leicht angestaubt wirkende Mimik nicht (oder allenfalls unmerklich) überarbeitet wurde, ergibt sich parallel ein nicht optimal zusammenpassender Mischmasch aus modernisierten und technisch überholten Elementen.

In unserem Test bemerken wir wichtige Unterschiede zum Original © EA/BioWare

Gerade auch bei den Effekten kommt es teils stark auf die jeweilige Spielsituation an, ob sie positiv herausstechen oder auch mal allenfalls im direkten Vergleich mit dem Original überhaupt auffallen würden. Beim Mako, einem Landungsfahrzeug, mit dem ihr wie gehabt innerhalb von Storymissionen, aber auch bei der freien Erkundung bestimmter Planeten im optionalen Bereich immer wieder mal unterwegs seid, fallen etwa die Reifenspuren auf losem Untergrund positiv ins Gewicht. Auch die in einer Szene uns umgebenden Lavaseen verbessern die Atmosphäre, die das glühend heiße Gestein nicht mehr nur schön rot ist, sondern dampft und brodelt, wie es der Teufel womöglich am liebsten hat.

Mass Effect Legendary Edition im Test - Review 2
Die Spielmechaniken wie mit dem Mako wurden angepasst! © EA/BioWare

Unterm Strich muss man dennoch sagen, dass in manchen Bereichen, vor allem bei den auch abseits der Mimik praktisch unveränderten Animationen, noch mehr drin gewesen wäre. Der Gesamteindruck ist aber dennoch ein sehr guter. Denn die Grafik ist für die Möglichkeiten von Xbox One oder PS4 für einen Multiplattform-Titel weit mehr als nur ansehnlich. Am stärksten profitiert dabei eindeutig der erste Teil der Trilogie, der im Original bekanntlich mit heftigem Tearing, Texturnachladern und vielen weiteren Problemen zu kämpfen hatte. Der Sprung bei „Mass Effect 2 und 3“ fällt also gefühlt deutlich geringer aus, obwohl die visuelle Qualität nun in allen drei Abenteuern ungefähr dasselbe Niveau erreicht.

Komfortabler und leichter steuerbar

Etwas Ähnliches könnten wir auch über die spielmechanischen Neuerungen sagen. Denn während sich in Teil 2 und 3 praktisch gar nichts verändert, schraubt Bioware am ersten Teil deutlich kräftiger herum. So gibt es nun unter anderem einen neuen allgemeinen Gameplay-Modus neben der „klassischen“ Variante. Konkret gibt es im neuen Modus lediglich 30 anstelle von 60 Charakterstufen.

Der Unterschied besteht im Wesentlichen darin, dass ihr dadurch einfach mehr Lernpunkte bei einem Levelup erhaltet, also einfach gesagt schneller und sogar mit geringerem Aufwand im (größtenteils lohnenswerten!) Nebenmissionsbereich eure Fertigkeiten im Umgang mit Waffen, im Bereich Biotik und Tech oder den klassenspezifischen Skills erzielen könnt.

Mass Effect Legendary Edition im Test - Review
Lernpunkte für eure Fähigkeiten verteilen, Wrex gefällt das! © EA/BioWare

Auch dadurch wird das erste „Mass Effect“ auf normal deutlich leichter als das Original. Hinzu kommen Anpassungen des Waffenhandlings. Rückstoßwirkung, Selbstabkühlung der Waffen, beides kommt uns nun stärker entgegen und macht damit auch gleichzeitig die Feuergefechte tendenziell etwas schneller und damit actionreicher.

Hilfreich ist zudem, dass bei Treffern zumindest erheblich weniger stark ausgewürfelt wird, ob ich nun einen kritischen oder einfachen Hit lande. Im Zusammenspiel damit werden auch Trefferzonen, ähnlich wie in Teil 2 und 3 wichtiger. Ein Headshot ist also grundsätzlich mehr wert als im Original. Die grundlegende Mechanik bleibt jedoch dieselbe. Der oft seltsam aussehende Nahkampfangriff, den Bioware in späteren Teilen mit einer deutlich spektakuläreren und wuchtigeren Attacke ersetzte, ist also noch genauso vorhanden wie die Masse an Waffen und Upgrades, die ihr finden und verwalten müsst. Allerdings sorgt ein neues Ausrüstungsmenü dafür, dass das nicht mehr ganz so aufwendig und umständlich ist – aber immer noch relativ mühselig im Vergleich mit den Fortsetzungen, wo Waffen durch Forschung und Ressourcen gezielt verbessert werden. Zeitgemäß ist das System sicherlich nicht mehr. Aber es spielt sich dennoch sehr ordentlich.

Mass Effect Legendary Edition im Test - Review
Wir rüsten unsere Crew mit Waffen aus! © EA/BioWare

Multiplayer weg, Fotomodus her

Wie EA bereits im offiziellen Ankündigungstrailer durch Texteinblendungen verriet, sind in der Legendary Edition zwar einige der damals für die Originalversionen veröffentlichten DLC-Inhalte gleich in die Spiele integriert, der Mehrspieler-Modus aus Teil 2 und 3 aber entfällt ersatzlos. Online könnt ihr euch also nicht mehr austoben, was wir trotz der ein oder anderen unterhaltsamen Stunden mit Freunden allerdings nicht als großen Verlust ansehen.

Zudem fällt damit auch der damals mit den Disc-Versionen ausgelieferte „Online-Pass“ weg, der entsprechend nur für die Erstkäufer Zugriff auf den MP-Part sowie ein paar digitale Ingame-Belohnungen brachte. Die Datenmenge der Spiele sinkt damit aber erwartungsgemäß nicht, sondern verdoppelt sich im Vergleich mit den 360-Fassungen auf ungefähr 84 GB (Xbox-Version). Weshalb man die Downloads von Teil 2 und 3 nur über das Spielmenü starten kann – wir befürchten zudem, dass auch Käufer*innen der Discversion die beiden Nachfolger komplett herunterladen und nicht von Blu-ray installieren können – muss man nicht verstehen.

Eine Dreingabe, die in allen drei Versionen verfügbar ist, besteht im Fotomodus. Den könnt ihr außerhalb von Cutscenes (also auch die liveberechneten) und Dialogen jederzeit benutzen, um etwa eine Szene aus einem Kampf oder lediglich Shepard vor irgendeiner hübschen Kulisse zu knipsen.

Mass Effect Legendary Edition beweist im Test, dass es die Trilogie im neuen Glanz erstrahlen lässt. © EA/BioWare

Klar gibt es verschiedene Nachbearbeitungsmöglichkeiten wie Tiefenschärfe und Co. Aber tolle Ergebnisse kamen beim Autor dieser Zeilen, der allerdings auch wenig Wert auf solche Extras legt, nicht zustande. Tatsächlich haben andere Fotomodi teils in deutlich älteren Neuauflagen wie etwa der „Nathan Drake Collection“ auf PS4 mehr und bessere Optionen zu bieten. Allerdings bietet „Mass Effect“ halt auch stilistisch nur hier und dort fotobuchtaugliche Motive. Von daher werden die meisten von euch die Funktion sicherlich ähnlich wie wir als nette, aber letztlich überflüssige Dreingabe ansehen.

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Wortkarger Lange-Texte-Schreiber. FC-Fan und Piranha-Bytes-Vergötterer. Heizt mit Spielekonsolen statt mit Gas. Könnte täglich Pizza futtern, hat aber nie mehr als fünf Tage am Stück geschafft.
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