Als Eidos Interactive am 26. Juni 2000 mit Deux Ex einen der revolutionärsten Shooter veröffentlichte, wusste noch keiner im Team so wirklich welche Veränderungen für das komplette Genre bedeutete. Nach einem eher mäßigen zweiten Teil im Jahr 2004 meldet sich Eidos unter der Leitung von Square Enix in diesem Jahr mit Deux Ex: Human Revolution, dem dritten Teil der Serie zurück. Erneut steht die Revolution im Vordergrund, diesmal jedoch mehr aus der Story-Sicht gesehen. Wieso? Und wer ist überhaupt der neue Hauptcharakter Adam Jensen? Diese und viele weitere Fragen beantworten wir euch nun im folgenden Review-Artikel!
Die Welt am Scheideweg
Es ist ein Szenario, welches man sich für die Welt wie wir sie kennen kaum ausmalen möchte: Die großen Konzerne regieren, Politiker tanzen nach der profitgeilen Art und Weise der großen Unternehmen und menschliche Würde steht ganz unten auf der Liste. Wir schreiben das Jahr 2027, die Welt ist finster und wirkt bedrohlich. Dem Großteil der Menschheit geht es schlecht, sie sind unmotiviert und unruhig. In Deus Ex: Human Revolution wird Menschheit als „Dystopie“ dargestellt – eine Gesellschaft welche sich in eine negative Richtung entwickelt. Und als wäre die Profit-Herrschaft der Konzerne noch nicht genug bricht eine revolutionäre Entdeckung hinein: Die Augmentationen. Kleine, technische Chips, Implantate oder sogar ganze Körperteile verstecken sich hinter diesem eher unheimlichen Fachwort.
Sie werden genutzt um die Menschheit auf das nächste Level der Evolution zu hieven, sie nahezu unsterblich zu machen. Doch natürlich stößt diese eigene Art einer „neuen Evolution“ auf Widerstand. Militante Gruppierungen wie etwa die „Purity First“ stellen sich vehement gegen diesen neuen Trend, wollen das Leben mit einem „reinen“ Körper wie ihn Gott erschuf weiterführen. In Deus Ex: Human Revolution wird von „Optis“ und „Normalos“ gesprochen. Optis sind, wie es das Wort schon fast verrät, optimierte Menschen mit Augmentationen neuster Technologie. Die „Normalos“ hingegen sind die Menschen wie wir sie kennen, mit allen Vorzügen und Fehlern wie sie in Gottesschmiede entstanden sind. Die Welt steht am Scheideweg und ein riesiger, unaufhaltsamer Krieg bricht aus. Doch das allerschlimmste: Menschen mit Augmentationen stehen keine Grenzen im Weg, außer eben die Grenzen welche man sich (z.B moralisch) selbst setzt.
Adam Jensen – halb Mensch, mehr Maschine
Hauptcharakter von Deus Ex: Human Revolution ist Adam Jensen, ein ehemaliges SWAT-Mitglied und seit einer Weile Leiter der Sicherheitsabteilung von Sarif Industries – einer der führenden Marktvertreter der Augmentationstechnologie. Zu Beginn des Action-Rollenspiels scheint Jensen in einer heilen Welt: Durch den Job bei Sarif Industries arbeitet er nicht nur mit den neusten Technologien des Landes zusammen, sondern hat mit Megan Reed auch noch die große Liebe des Lebens gefunden. Doch diese heile Welt geht schnell den virtuellen Bach runter: Rebellen der „Purity First“ Gruppierung, die mächtigsten Gegner der Augmentationstechnologie greifen die Hauptquartiere von Sarif Industries in einer Nacht und Nebel-Aktion an, zerstören dabei einen großen Teil der Eingangshalle. Außerdem stürmten sie einige Labore und ließen dabei Datensätze mit wichtigen Informationen mitgehen. Aber das schlimmste: Adam Jensen wird bei einem Verteidigungsversuch von einem unbekannten fast tot geprügelt. Nur mit neuster Augmentationstechnologie schaffen es David Sarif, Chef von Jensen und Inhaber der Sarif Industrie-Firma, und sein starkes Team den in Mitleidenschaft geratenen Jensen wieder von den Toten zu befreien. Nach seinem Erwachen erinnert er sich wage an den Angriff. Ein wichtiger Punkt, welcher Jensen sofort in den Kopf strömt: Einer der Angreifer war ebenfalls ein „Opti“, also ein mit Augmentationen ausgestatteter Kämpfer. Es steckt also mehr als nur ein rebellischer Angriff hinter dem Attentat.
Defibrillatoren? Altbacken!
Nach dem ersten Betrachten wirkt Adam Jensen wie ein normaler Hauptcharakter eines typischen Ego-Shooters: Unrasiert, trägt einen Mantel, ist knallhart und kann mit jeder Waffe perfekt umgehen. Doch wir wissen: Es steckt mehr hinter dem schwarzen Mantel als man auf den ersten Blick vermuten mag. Adam ist durch die starke Augmentation nicht mehr als Mensch, sondern eher als Cyborg zu bezeichnen. Seine Augen sind mit den neusten technologischen Entwicklungen ausgestattet, seine Arme und Beine wurden sogar komplett durch kybernetische Bauteile ersetzt. Kurz nach der Wiederauferstehung von Jensen wird ein weiterer Trakt der Sarif Industrie-Headquarters von Gegnern der Ersatzteiltechnologie attackiert. Doch an dieser Stelle beenden wir den Story-Teil unserer Review, da Deus Ex: Human Revolution von seiner spannenden und fesselnden Erzählung lebt und ihr den größten Teil selbst erfahren sollt.
Es ist (k)ein Ego-Shooter!
Auch wenn durch Bilder und Videos der Eindruck eines Ego-Shooters entsteht, handelt es sich bei Deus Ex: Human Revolution mehr um ein Rollenspiel mit sehr viel Elementen aus dem Shooter-Genre. Die düstere Welt und die intensive Erzählweise, welche euch meist nur in Häppchen erzählt wird, fesseln unglaublich an den Bildschirm und setzen sich fast wie eine Augmentation im Epizentrum eures Gehirns fest. Doch das wichtigste und auch einzigartigste Feature vom dritten Deux Ex-Ableger sind erneut die verschiedenen Lösungswege der einzelnen Missionen. Der Spieler kann dabei selbst entscheiden: Schlage ich mich mit purer Waffengewalt durch die Missionen, versuche ich die Gegner in Stealthmanier zu betäuben oder gehe ich den Feinden aus dem Weg und suche mir alternative Wege wie Lüftungsschächte. Dabei gilt: Je weniger Feinde wir in einem Missionsabschnitt erledigen, desto mehr Erfahrungspunkte heimsen wir ein.
Jetzt brandneu: Das menschliche Ersatzteillager!
Für jede absolvierte Mission bekommen wir, wie bereits erwähnt, Erfahrungspunkte, welche sich nach einer gewissen Summe zu Praxispunkten automatisch umwandeln. Diese Praxispunkte können wir dann nach belieben im jederzeit erreichbaren „Augmentationsmenü“ verwenden. Dort gibt es verschiedene, übergeordnete Augmentations-Kategorien wie Kopf, Brust, Arme oder Beine. Wählt man eine dieser Kategorien aus, kann man einige weitere Augmentationen auswählen und für diese dann ebenfalls noch mal Updates kaufen. So können wir eine Kopf-Augmentationen installieren, durch welche wir Feinde markieren beziehungsweise durch Wände erspähen können. Außerdem gibt es Augmentationen für die verschiedenen Spielweisen des Shooter-RPGs. Haudegen können Jensen mit einer besseren und schnelleren Zielfähigkeit ausstatten, Schleichfanatiker hingegen freuen sich über Verbesserungen wie lautloses Sprinten oder verbesserte Nahkampf-Aktionen.
Große Auswahl, wenig Platz!
An der Spielmechanik hat sich seit dem Release von Teil zwei im Jahr 2004 logischerweise einiges getan. Entwickler Eidos Interactive hat einige moderne Shooter-Grundlagen wie das mittlerweile typische Deckungssystem eingebaut. Grundsätzlich steuern wir Adam aus der Ego-Perspektive, gehen wir vor Feinden an Gegenständen wie Kisten oder Tischen in Deckung schaltet das Spiel jedoch automatisch in die Third-Person-View.
Natürlich bietet auch Deus Ex: Human Revolution eine Vielzahl an Waffen und weiteren Gegenständen. Das Waffenarsenal bietet alles was das Herz begehrt: Durchschlagskräftige Revolver, effektive Maschinenpistolen oder weitsichtige Gewehre. Wie schon in den Vorgängern besitzt der Hauptcharakter ein Inventar, welches nach und nach mit Augmentationen vergrößert werden kann. Das ist auch bitter nötig, denn die Munitionspäckchen für die einzelnen Waffen müssen auch irgendwo unter gebracht werden. Außerdem müsst ihr stehts Nahrungsmittel wie Bier oder Snacks bei euch tragen, damit ihr eure eigene Augmentationsbatterie stets aufladen könnt.
Mach mir den Anonymous
Ein weiterer Eckpfeiler der Feature-List von Deus Ex: Human Revolution ist das Hacken. Auch das hat den Weg natürlich in den dritten Teil geschafft, jedoch mit einer starken Überarbeitung. So müssen nun verschiedene Knotenpunkte im System gehalten werden, um in einer gewissen Zeit den „Hauptserver“ erreichen zu können. Dies ist dann entweder eine Datei mit wichtigen Informationen, die Deaktivierung einer Tür oder eines Geschützturms. Um das Hacken nicht zu einfach zu gestalten baute das Entwicklerstudio rund um Eidos eine Zeitbegrenzung ein. Je nach Schwierigkeitsgrad hat man dann mehrere Versuche, scheitern diese werden Wachen alarmiert. Übernimmt man bestimmte Datensätze kann man im späteren Verlauf des Spiels auch Credits abgreifen, welche man dann in Limp-Kliniken für neue Praxispunkte ausgeben kann.
Blade Runner, Matrix und ein Fitzelchen von Batman
Das Hauptquartier von Sarif Industries ist im Grunde genommen freibegehbar. Die einzelnen Missionsgelände sind jedoch relativ „linear“ gehalten, was dem Spiel dank den verschiedenen Lösungswegen nicht negativ anzukreiden ist. Auch die Abwechslung der Schauplätze ist zu erwähnen. So schickt euch Eidos nicht nur düstere Levelabschnitte rund um das Sarif-Hauptquartier, sondern auch durch die Straßen von Detroit, durch einen sehr verwinkelten Abschnitt in Shanghai oder durch die Sendezentrale eines riesigen Medien-Unternehmens. Die Welt erinnert durch seinen Cyberpunk-Stil immer wieder an bekannte Hollywood-Streifen wie Batman, Matrix oder auch Blade Runner.
Die inneren Werte zählen!
Kommen wir nun zu den letzten beiden Review-Punkten. Deus Ex: Human Revolution ist grafisch gesehen sicherlich kein Highlight. Es warten matschige Texturen und teils zu statische Gesichtsanimationen auf den Spieler. Außerdem läuft es an einigen Stellen etwas ruckelig, wobei dies eher selten vorkommt. Natürlich ist die Optik nicht nur negativ festzuhalten, denn es gibt auch großartige Effekte und natürlich den futuristischen Cyberpunk-Stil, welcher das Ruder in Sachen Optik noch mal herumreißt. Eher negativ dagegen sind uns einige Soundprobleme aufgefallen. So ist die deutsche Synchronisation, welche insgesamt sehr gut ausgefallen ist, nicht ganz Synchron mit den Lippenbewegungen. Aber auch hier gilt: Das Gesamtpaket zählt und da macht Deus Ex: Human Revolution einen mehr als soliden Eindruck, vor allem die Soundeffekte und der Soundtrack überzeugten uns maßlos.