PLAYCENTRAL TESTS Deponia Doomsday

Deponia Doomsday: Test: Zeitreisen für Anfänger

Von Julia Rother - Test vom 04.03.2016 18:35 Uhr

Der Müllplanet Deponia hat uns wieder. Als egozentrischer, selbstverliebter und total lässiger Rufus sehen wir uns in Deponia Doomsday mal wieder gezwungen die Welt zu retten. Mit Hilfe einer Zeitmaschine und einigen loyalen Gefährten, bewegen wir uns durch Raum und Zeit und bringen dabei so viel durcheinander, dass wir uns am Ende einem verqueren Netz aus Zeitschleifen und verschiedenen Versionen unserer Selbst gegenübersehen. Werden wir es schaffen Deponia und Elysium zu retten und uns eine Zukunft mit unserer Angebeteten Goal zu sichern?

Eine Woche nach der Ankündigung, dass mit Deponia Doomsday ein vierter Teil der beliebten Adventure-Reihe auf den Markt kommt, warten wir sehnsüchtig darauf, dass das Spiel endlich startet und dann BOOM, sind wir zurück: Der Müllplanet Deponia hat uns wieder.

Zeit sich einzugewöhnen bleibt nicht, denn wir befinden uns auf wichtiger Mission und kämpfen uns durch Eis und Schnee zu einem Sprengturm. Wir merken schnell, dass wir nicht allein sind, erwarten aber im Tutorial keine großen Herausforderungen. Ein paar Sekunden später klicken wir auf der Flucht vor plötzlich auftauchenden Monstern hysterisch um uns, bis wir es schließlich schaffen uns zu verbarrikadieren. Entschlossen, den riesigen Fewlocks mit ungesundem Teint, scharfen Krallen und Reißzähnen ein Ende zu setzen, sprengen wir schließlich uns selbst mitsamt des Planeten in die Luft.

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„Meine Fans rasten aus, wenn sie feststellen, dass meine Abenteuer niemals stattgefunden haben. Und schlimmer noch, sie wollen ihr Geld zurück!“

Und dann… wachen wir auf. War also alles nur ein Traum? Haben wir den Sturz am Ende des dritten Teils überlebt? Wir sind ein junger Mann namens Rufus. Mit Kinnbart und mehr Selbstbewusstsein als anhand seiner Taten angebracht gewesen wäre, versuchte dieser in den letzten drei Teilen der Deponia-Reihe seinen Heimatplaneten vor der Auslöschung zu retten und gleichzeitig das Herz der Elysianerin Goal zu gewinnen. Selbstverliebt und reichlich egozentrisch gewann der Deponianer in der Regel keinen Beliebtheitswettbewerb, schnitt im Vergleich zu anderen Charakteren wie Widersacher Cletus aber oft doch überraschend gut ab. Ganz getreu dem Motto „Man muss auch loslassen können“ opferte er sich schließlich und damit hätte die Reihe eigentlich beendet sein sollen.

Nun ist er zurück, wir sind zurück. Wer jetzt allerdings erwartet, dass das Spiel regulär an die vorherigen Teile anknüpft, der wird erst einmal enttäuscht sein. Denn zeitlich spielt Deponia Doomsday noch vor den Ereignissen des ersten Teils, auch wenn Rufus sich an die Geschehnisse aller Spiele zu erinnern scheint. Traum, Vision oder alles nur Einbildung? Wie auch immer, wie gewohnt tüfteln wir mal wieder an einer Möglichkeit, Deponia endgültig den Rücken zuzukehren und mit Noch-Freundin Toni nach Elysium zu gelangen. Die Beziehung steht bereits seit längerem auf wackeligen Beinen, als wir vergessen die geliebten Gläser der Großmutter ordnungsgemäß zu verpacken und diese daraufhin von einem Wagen umgefahren werden, droht der Bruch der Beziehung.

Von rosa Elefanten und Zeitmaschinen

Doch wir wären nicht Rufus, hätten wir nicht mal wieder mehr Glück als Verstand. Der Unfallverursacher stellt sich als Zeitreisender im entsprechenden Mobil heraus. Wir machen die Geschehnisse ungeschehen und versuchen unseren zukünftigen Begleiter, der sich als Professor McChronical vorstellt, in eine Parklücke einzuweisen. Blöd nur, dass es sich ein rosa Elefant in den Kopf gesetzt hat, uns jedes Mal abzulenken. Wie oft wir die Zeit auch zurückdrehen, die Gläser, der symbolische letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringen könnte, zerbrechen immer wieder.

Anstatt uns dem Zorn unserer Partnerin zu stellen, wählen wir die deutlich einfachere und logischere Alternative: Wir gehen auf Elefantenjagd. Unterstützung erfahren wir hierbei nicht nur von McChronical, sondern auch von vielen neuen, aber auch altbekannten Charakteren.

Viele Rätsel später schaffen wir es schließlich, kehren Deponia den Rücken zu und gelangen nach Elysium. Für ein paar Momente scheint alles gut, dann sehen wir uns genauer um. Der Schock folgt: Elysium liegt in Trümmern, es gibt nur wenige Überlebende. Wir versuchen das Ganze rückgängig zu machen und kehren in eine frühere Version Elysiums zurück. Hier fängt die Geschichte dann richtig an. Zeitlich befinden wir uns jetzt kurz vor der Abreise von Goal und Cletus, die sich von der Unbewohntheit Deponias überzeugen wollen, um den Planeten in die Luft zu sprengen und die entstehende Energie zu nutzen, um Elysium, die schwebende Raumstation nach Utopia zu befördern. Puh. Wir sind also ganz am Anfang der Geschichte, noch bevor Goal und Rufus jemals aufeinander trafen. Wir könnten jetzt alles ändern und doch noch ein Happy End für die beiden erwirken… oder?

Und täglich grüßt das Murmeltier

Fortan erleben wir durch eine Zeitschleife den selben Tag immer und immer wieder und versuchen hierbei irgendwie zu intervenieren. Doch die Zeit wird immer wieder zurückgesetzt und unsere Erfolge lösen sich in Luft auf. Nur McChronical und Rufus behalten ihre Erinnerungen, Ersterer aufgrund einer cleveren Alu-Strohhut-Konstruktion und Letzterer wegen einer Metallplatte und naja… Stroh im… lassen wir das.

Bei dem Versuch das Unvermeidliche zu verhindern gibt es viel zu tun: Wir agieren als Bastler, Stilberater eines frisch verliebten Pärchens, Koch, Barkeeper und Masseur, ganz nebenbei spielen wir noch Gott und erschaffen ein paar neue Tierarten. Je weiter die Geschichte voranschreitet, desto komplizierter wird das Ganze. Wer Raum und Zeit manipuliert, sollte sich wohl darüber im Klaren sein, dass er hier schnell einiges verschlimmbessern kann. Und das tun wir, immer und immer wieder.

Rätsel mit typischem Daedalic-Charme

Wir erkunden Stück für Stück die liebevoll gestaltete 2D-Welt. Das Spielprinzip verläuft hierbei im typischen Daedalic-Stil: Wir können Objekte betrachten, nutzen und kombinieren. Zwar wird uns die Richtung grob vorgegeben, allerdings ist das ganze Spiel praktisch ein einziges riesiges Rätsel, dessen Teillösungen sich wie ein Spinnennetz ineinander verweben. Nur wenige Antworten sind dabei auf den ersten Blick ersichtlich, die meisten Lösungen ergeben sich nur durch aufmerksames Zuhören, eine gehörige Portion Glück und Kombinationsgabe. Wer sich schwer daran tut, um die Ecke zu denken, wird an diesem Point-and-Click-Adventure vermutlich verzweifeln. Daedalic Entertainment ist dafür bekannt, gerne das eine oder andere unlösbare Rätsel in seine Spiele zu integrieren und scheint insgeheim diebische Freude dabei zu empfinden, uns im Nachhinein auch die absurdeste Lösung als vollkommen logisch zu präsentieren.

Je mehr Stunden allerdings verstreichen, desto mehr beschleicht uns das dunkle Gefühl, dass sich der Entwickler hier einen sadistischen Spaß erlaubt. So entlockt es uns noch ein erschöpftes Lächeln, als wir auf der Suche nach Stroh schließlich auf einen (Trink-) Strohhalm klicken, spätestens als wir einige Stunden später schließlich herausfinden, dass die einzige Lösung unserer Herzensdame die Sterne vom Himmel zu holen die ist, eine nicht angezeigte Option dreimal anzuklicken (Fällt diese Art von Schikane eigentlich schon unter seelische Grausamkeit?), fühlen wir uns etwas veräppelt. Diese Situationen häufen sich und was von außen betrachtet vielleicht witzig erscheint, ist es im Spiel schon nach kurzer Zeit nicht mehr. Gefühlt stundenlang herumzuprobieren, nur um dann herauszufinden, dass man für die Zubereitung eines Erdnussbuttersandwichs einen Zeitmaschinenzylinderkopf braucht, ist vor allem eines: anstrengend.

Es wirkt als habe der Entwickler versucht seine Originalität, die als Markenzeichen von Daedalic gilt, krampfhaft unter Beweis zu stellen und sei dabei etwas übers Ziel hinaus geschossen. Eine Hilfefunktion gibt es nicht. Als wir endlich weiterkommen, bleibt das Glücksgefühl des Erfolges aus, dafür hat es einfach zu lange gedauert.

Die typischen Minigames sind im Vergleich zu den Vorgängern dafür deutlich spaßiger und einfacher zu meistern. Wir müssen nur eins überspringen und das auch nur, weil wir nach 19 Stunden Spielspaß gegen Ende so müde sind, dass unsere Reflexe einfach nicht mehr ausreichen.

Schmerzen machen Spaß

Je mehr uns die kreativen Köpfe hinter Daedalic Entertainment quälen, desto größer ist unsere sadistische Freude, wenn wir uns an den Charakteren rächen dürfen. Wer kann von sich schon behaupten, dass er ein stark behaartes Männerbein mit Honig enthaaren durfte? Als wir uns McChronicals Flatulenzen zu eigen machen, um einem Widersacher zu Leibe zu rücken, entlädt sich unsere vorherige Frustration in lautem Gelächter. Ja, Furzwitze sind auch 2016 noch lustig. Unser All-Time-Favorite wird für immer die Geschichte von Lotti bleiben. Einst ein Mann, der dumm genug war Toni zu belästigen und sich sehr abwertend über ihren Noch-Freund zu äußern, gewann die männliche Lady mit lieblichem Stimmchen schon in den Vorgängern alle Fanherzen. Es sind Details wie diese, die das Spiel so unglaublich liebenswert machen.

Kein Herz für virtuelle Tiere

Immer wieder erwischt uns das Spiel eiskalt und lässt uns verdattert zurück. So erwarten wir weder zweideutige oder Substanzkonsum thematisierende Witze, eine Goal, die ihren Oberkörper entblößt, um ihren Willen zu bekommen, Piercings an sonst verdeckten Stellen noch Rückenschrubber mit Silhouetten, die Interpretationsfreiraum bieten. Aber auch die eine oder andere Lösung eines Rätsels überfordert uns emotional. Wir hätten es kommen sehen sollen, erinnern wir uns doch noch schmerzlich an Opfipieps, den kleinen Vogel, der im zweiten Teil durch absolut mysteriöse und nicht von uns verschuldete Umstände sein Ende fand. Trotzdem sind wir erschrocken, als der Mixer samt einer süßen, mit unschuldigen Kulleraugen ausgestatteten Made plötzlich losgeht. Nicht cool, liebe Entwickler, nicht cool.

Aber auch wir sind nicht ganz unschuldig und sorgen durch fehlende Kompetenz (wir nennen es Tierliebe) für den optionalen Tod mehrerer Begleiter. Hoppla. Spart euch die Worte, als hätten die Entwickler unser Versagen geahnt, wurden wir bereits im Vorfeld gezwungen uns mit alte-Männer-Schweiß einzureiben, wir wurden bereits genug gestraft und werden die Bilder nicht vergessen. Und nein, wir möchten nicht darüber reden, hoffen aber, dass euch die obigen Beispiele einen Einblick in den Humor und Charme des Games geben.

Technische Schwierigkeiten

Auf einmal geht nichts mehr, sämtliche Interaktionsmöglichkeiten sind nicht mehr anklickbar und wir können Rufus nicht bewegen. Ein Neustart regelt das Problem. Einige Stunden später befinden wir uns im Endkampf, als der Ton plötzlich ausfällt. Wir können nicht auf das Optionsmenü zugreifen und müssen die vorletzte Sequenz ganz ohne Musik oder gesprochenes Wort absolvieren. Da wir uns in einer Zeitschleife befinden, zieht sich dies. Zum Glück haben wir Untertitel aktiviert und können die Aufgaben trotzdem lösen, ansonsten hätten wir zum letzten manuell gesetzten Speicherpunkt zurückkehren müssen. Dieser liegt einige Zeit in der Vergangenheit…

Liebenswerte Charaktere

Ein großer Schwerpunkt liegt wie auch in den Vorgängern auf den Charakteren und der Gestaltung der Beziehung zwischen den einzelnen Personen. Im Vergleich zu den vorherigen Spielen wirkt Rufus deutlich erträglicher. Zwar immer noch selbstverliebt und ichbezogen, scheint er doch aus seinen Erfahrungen gelernt zu haben (auch, wenn diese sich eigentlich noch in der Zukunft befinden). Wir lernen Toni von einer anderen Seite kennen, loyal und beschützend, und Goal, stets Kämpferin und doch oft so hilflos und naiv, tritt hier deutlich reflektierter auf. Die Beziehung zwischen Goal und Rufus wächst, das Verständnis für den anderen ebenso und das, obwohl Rufus eben Rufus bleibt und durch die alleinigen Zeitreisen kaum Gelegenheit hat, die Elysianerin kennenzulernen. Wir sind nicht sicher wie der Entwickler das macht, aber wir fühlen uns mit den Protagonisten so verbunden, dass wir bis zum Ende mitfiebern.

Wir spielen Deponia Doomsday (fast) in einem Rutsch durch, gönnen uns zwischendurch nur ein kleines Nickerchen. Am Ende brauchen wir 19 Stunden, bis der Abspann über den Bildschirm flimmert. Mit vor Erschöpfung kleinen Augen sind wir uns nicht sicher, was wir von dem Ende halten und überhaupt, ob wir jetzt froh oder enttäuscht sind, das Spiel beendet zu haben. Wir entscheiden uns dafür, dass wir jetzt wohl leider endlich durch sind. Die Lider werden schwer, aber wir sind noch nicht bereit loszulassen und rekapitulieren, erinnern uns an die vielen witzigen Szenen und liebenswerte Charaktere. Viele Steam-Errungenschaften haben wir nicht bekommen. Wir werden also zurückkehren, an einem anderen Tag, ganz ohne Zeitmaschine. Wir haben Deponia vermisst und sind ein wenig wehmütig, wünschen uns noch einen Part. Und noch einen. Aber die Geschichte scheint langsam zu Ende erzählt. Man muss eben auch loslassen können.

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Deponia Doomsday im Test

Fazit und Wertung von Julia Rother

Trotz einfacher Grafik und altbekanntem Point-and-Click-Prinzip überzeugt Deponia Doomsday durch den frechen, bissigen Humor und die zumeist spannenden und unterhaltsamen Rätsel, auch wenn Daedalic Entertainment hierbei manchmal etwas übertreibt und eine Hilfefunktion eine angenehme Unterstützung gewesen wäre. In einer liebevoll gestalteten Welt ziehen uns irgendwo zwischen Dystopie und Utopie die Beziehungen der Charaktere zueinander in ihren Bann und lassen uns bis zum Schluss nicht mehr los. Die Geschichte voller Zeitschleifen und -sprünge, gepaart mit mehreren zeitgleich existierenden Versionen unserer Charaktere und vielen was-wäre-wenn-Szenarien erfordert besonders gegen Ende einiges an Aufmerksamkeit, um sich nicht zu verzetteln. Wer auf der Suche nach einem verrückten Adventure mit liebenswertem Antihelden ist, sollte sich den vierten Teil der Deponia-Reihe nicht entgehen lassen.

Pro

+liebevoll gestaltete Spielwelt
+skurrile Charaktere mit Wiedererkennungswert
+bissiger Humor
+zumeist logische Rätsel mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad
+abwechslungsreiches Setting mit immer neuen Wendungen
+kreative Ideen mit viel Liebe zum Detail
+professionelle Synchronisation
+bis zu 20 Stunden Spielspaß

Contra

-vereinzelte technische Schwierigkeiten
-teils etwas überzogene Rätsel mit hohem Frustfaktor
-keine Hilfefunktion
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