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Artikel 13: Wie, wer, was und warum: Die Chronologie einer umstrittenen Urheberrechtsreform

Von Wladislav Sidorov - Special vom 23.03.2019 10:16 Uhr

Warum ist eine Urheberrechtsreform überhaupt geplant? Nun, im Grunde genommen ist die Idee dahinter keine schlechte Sache. Das Urheberrecht muss tatsächlich dringend überarbeitet werden, denn die geltenden Gesetze aus dem Jahr 2001 gelten inzwischen schlicht und einfach als überholt. Tatsächlich entstammt die Idee, das geltende Urheberrecht innerhalb der Europäischen Union zu reformieren, von Julia Reda, die sich nun gegen den Entwurf stellt. Sie forderte zusammen mit dem Rechtsausschuss die EU-Kommission dazu auf, an einem Vorschlag für eine Richtlinie zu arbeiten.

Die Urheberrechtsreform besteht aber aus mehr als nur dem Artikel 13. In Artikel 11 wird journalistischen Medien im Internet ein Leistungsschutzrecht gewährt, das unter anderem besagt, dass Google dafür Geld zahlen muss, wenn sie Artikel in ihren Suchergebnissen anzeigen. Begründet wird dies damit, dass Google mit der Leistung der Medien, hier beispielsweise das Vorschaubild oder der Überschrift, Geld verdienen würde. Ob das in der Praxis auch der Fall ist, ist erstmal nebensächlich.

Das in Artikel 11 festgelegte Leistungsschutzrecht entspricht im Groben dem, was in Deutschland bereits seit 2013 gilt. Google drohte damals allerdings damit, Dienste, die Geld für die Indexierung im News-Bereich zu verlangen, einfach auszuschließen. Letztendlich knickten fast alle Verläge ein und stellten keinerlei monetären Ansprüche. Andere Suchmaschinen zogen nach und schlossen solche Medien ohne Vorwarnung aus.

Ein großer Profiteur

In Deutschland wirbt insbesondere der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) für Artikel 11, wohingegen sich der Deutsche Journalistenverband ablehnend positioniert. Letztendlich würden nämlich nicht die Autoren, sondern die Unternehmen finanziell beteiligt.

Ohnehin würde vom europäischen Leistungsschutzrecht gemäß des Verteilungsschlüssels der VG Media ein einziges Unternehmen besonders stark profitieren: Axel Springer. Politisch und gesellschaftlich engagiert sich der Verlag bereits seit mehr als einem Jahrzehnt für ein solches Gesetz und scheute nicht davor, bewusst Falschmeldungen zu verbreiten. Kein Wunder: Matthias Döpfner, der Präsident des BDZV, ist gleichzeitig auch der Vorstandsvorsitzende von Axel Springer.

Recherchen von Golem zeigen, dass die Axel Springer SE knapp 64 Prozent der theoretischen Einnahmen durch das Leistungsschutzrecht erhalten würde. Kleine Lokalzeitungen, die deutlich stärker vom Aussterben bedroht sind, würden so gut wie gar nicht profitieren.

Viele Verlage werben für die Reform

Neben Axel Springer (BILD, WELT) werben auch weitere Verlage intensiv für Artikel 11. In Deutschland gehören dazu beispielsweise Funke (WAZ, Der Westen, NRZ), Madsack (HAZ, DNN, LN), DuMont (Berliner Kurier, Frankfurter Rundschau, Express, Hamburger Morgenpost), Rheinische Post sowie die FAZ.

Öffentlich propagieren entsprechende Verlage die Urheberechtsreform und sehen sie als notwendig an, um die Zukunft der freien Presse zu gewährleisten. Auch abseits dessen wird gerne gegen die Konkurrenz im dualen Mediensystem gestichelt, weil diese sich nicht der Frage stellen muss, wie zukünftig im Internet Geld verdient werden soll. 49 Chefredakteure deutscher Zeitungen haben in einem gemeinsamen Appell erklärt, dass die Reform dringend verabschiedet werden müsse.

Die Berichterstattung der Medien wird deshalb des Öfteren in Frage gestellt. So sei die Unabhängigkeit der Journalisten, die zumindest in der theoretischen Auslegung der Urheberrechtsreform profitieren sollen, in diesem Fall gefährdet. YouTuber wie HerrNewstime, LeFloid und Sebastian von PietSmiet erklärten öffentlich, dass „niemand“ berichte und kritisierten die Medien. PlayNation-Recherchen ergaben jedoch kurz darauf, dass auch die großen Verlage trotz Interessenskonflikt sehr wohl über die Reform berichten.

Nicht alle Verlage wollen die Reform

Nicht alle Verlage wollen die Urheberrechtsreform. Hierzulande sehen sie beispielsweise die Zeit, die Süddeutsche Zeitung, der SPIEGEL und das Handelsblatt kritisch. Sascha Lobo nennt das Leistungsschutzrecht auf SPIEGEL ONLINE ein „Quatschgesetz“.

Welche Rolle spielen ARD, ZDF und Deutschlandradio?

Sinkende Werbeerlöse mögen nämlich für die Verlage ein Problem darstellen, der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ARD, ZDF, Deutschlandradio) ist davon jedoch weitestgehend befreit. Der stellt seine Angebote werbefrei und kostenlos ins Netz und darf mit ihnen auch ausdrücklich kein Geld verdienen. Die Privatwirtschaft wittert in dieser Hinsicht eine Wettbewerbsverzerrung, die von deutschen Gerichten teilweise auch anerkannt, in begrenztem Rahmen aber gestattet wird.

ARD, ZDF und das Deutschlandradio benötigen mit ihren digitalen Medien keine zusätzlichen Einnahmen, auch nicht aus dem Leistungsschutzrecht. Ihre Unabhängigkeit wird nämlich durch den Bürger gewährleistet, der gesetzlich dazu verpflichtet ist, sich mit dem monatlichen Rundfunkbeitrag zu beteiligen. Für Medien wie die FAZ und Axel Springer ist dies bereits seit längerem ein Dorn im Auge. Auch die Mediengruppe RTL Deutschland und die ProSiebenSat.1 sehen sich vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk bedroht.

Es sind nicht nur die Verlage

In Deutschland werben nicht nur die Verlage für die Urheberrechtsreform, auch wenn der Bundesverband deutscher Zeitungsverleger ganz vorne mit dabei ist. Auch die Gema, die Gewerkschaft verdi, der deutsche Musikverleger-Verband, der Filmschnitt-Verband, der Schauspiel-Bundesverband, der deutsche Gewerkschaftsbund, der deutsche Komponistenverband, der deutsche Künstlerverbund, der deutsche Synchronsprecherverbund sowie weitere in der „Initiative Urheberrecht“ zusammengeschlossenen Vereine sind für die Reform. Im Gegensatz zu den Verlagen dürfte ihnen dabei besonders der jetzt umstrittene Artikel 13 gefallen.

Zu beachten ist, dass zwar die einzelnen Verbände dafür sein mögen, sich jedoch viele der Mitglieder ausdrücklich gegen die Reform aussprechen. Sie vertreten die Ansicht, dass die Urheberrechtsreform letztendlich nur den großen Plattformen und Unternehmen, aber in keinem Fall den Künstlern helfen wird.

Weitere Digitalverbände gegen die Reform

Hierzulande sprechen sich die Digitalverbände seit Jahren stark gegen die Urheberrechtsreform aus. Im Falle des Leistungsschutzrechts haben sich bereits Ende 2010 in der „Initiative gegen ein Leistungsschutzrecht“ mehrere Organisationen und Internetportale wie der Chaos Computer Club, Creative Commons, Freischreiber, Google, gulli.com, die Heinrich-Böll-Stiftung, netzpolitik.org, Perlentaucher, Spreeblick und Wikimedia Deutschland zusammengeschlossen. Mit dabei sind auch einzelne Journalisten und der Landesverband Brandenburg des Deutschen Journalisten-Verbandes.

Zur aktuellen Reform stoßen die Gesellschaft für Informatik, die Digitale Gesellschaft, die Electronic Frontier Foundation, Bitcom, Wikipedia sowie die Max-Planck-Gesellschaft und zahlreiche weitere dazu.

Der Bundesverband freuer Journalist*innen sieht an der Urheberrechtsreform besonders den Artikel 12 kritisch. Dieser besagt, dass die Verleger sich finanziell an den Profiten der freien Journalisten beteiligen dürften, wenn die Gewinne zu einem späteren Zeitpunkt erzielt wurden. Der Bundesgerichtshof hat eine solche Regelung erst 2016 gekippt. Für den Verband entspricht der Artikel deshalb einer „Enteignung“.

Das sagen die Internetgiganten

Seiten wie YouTube, Facebook und Reddit sprechen sich, natürlich auch aus eigenem wirtschaftlichen Interesse, zusammen gegen die Urheberrechtsreform aus. Widersprüchlich ist die Position von Facebook, denn heimlich sprach man sich auch für die Einführung aus.

Tausende kleine Seitenbetreiber gelten ebenfalls als Gegner, denn sie dürften letztendlich am meisten darunter leiden. Im Gegensatz zu den größten der Branche sind sie nicht in der Lage, sich einen Upload-Filter zu leisten.

So viele Stimmen dafür und dagegen. Was ist über die Jahre geschehen? Das erklären wir euch auf der nächsten Seite.

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