PLAYCENTRAL TESTS The Callisto Protocol

The Callisto Protocol unter den hohen Erwartungen im TEST

Von Benjamin Braun - Test vom 02.12.2022 06:00 Uhr
© Striking Distance Studios

Unter Fans von Survival-Horror-Spielen genießt Dead Space (2008) ein hohes Ansehen und gilt heute bereits als Klassiker des Genres. Kein Wunder also, dass viele Spieler*innen hohe Erwartungen an das neue Werk von „Dead Space“-Schöpfer Glen Schofield knüpfen. In The Callisto Protocol ist seine Handschrift deutlich zu erkennen, doch das Third-Person-Spiel macht auch vieles anders.

Wir sind für euch auf den namensgebenden Jupiter-Mond gereist und haben uns dort den Weg durch das von mörderischen Mutanten gesäumte Gefängnis gebahnt. Weshalb uns das Spiel Spaß gemacht hat, uns aber nur selten begeistern konnte, erfahrt ihr im folgenden Test.

The Callisto Protocol im Test: Die Hölle bricht los

Wir schreiben das Jahr 2320. Frachtpilot Jacob Lee steuert mit seinem Schiff auf Kallisto zu, den zweitgrößten Mond des Gasgiganten Jupiter. Er soll medizinisches Material zum Gefängnis auf der Oberfläche liefern, doch kurz vor dem Anflug verschaffen sich bewaffneten Fremde Zugang zum Frachter und bringen diesen schließlich zum Absturz.

Jacob ist sich keines Vergehens bewusst, wird auf Kallisto aber dennoch festgenommen und inhaftiert. Schon bald ergibt sich die Möglichkeit zur Flucht, als im Knast die Hölle losbricht und auf einmal zu Monstern mutierte Gefangene ihr Unwesen treiben und alles töten, was sich ihnen in den Weg stellt.

© Striking Distance Studios

Im Hintergrund deckt Jacob im Laufe des rund 12-stündigen Abenteuers eine finstere Verschwörung auf. Erwartet erzählerisch aber keinesfalls zu viel, und mit dem von Josh Duhamel verkörperten Jacob zudem einen chronischen Unsympath als Spielfigur, dem man beinahe die vielen grausamen Tode gönnt, die er im Spiel sterben kann. Audiovisuell und spielerisch hingegen hat „The Callisto Protocol“ durchaus einiges zu bieten.

Linearer Horror-Trip

Ähnlich wie „Dead Space“ verläuft die Solo-Kampagne von „The Callisto Protocol“ sehr linear – Mehrspieler-Inhalte existieren aktuell nicht. Es gibt also keine großen, offenen Gebiete, sondern überwiegend schlauchig angelegte Pfade, dafür aber erst zum Ende hin etwas Backtracking in bereits bekannte Gebiete.

In Teilen weichen die Entwickler*innen die hohe Linearität jedoch auf. So trefft ihr immer wieder mal auf kleinere Abzweigungen, die in Bonusareale führen. Seitenarme würde es wohl am besten treffen, da ihr am Ende wieder automatisch auf den regulären Pfad zurückkehrt. Diese Seitenarme lohnen sich primär, da ihr dort im Regelfall besonders wertvolle Beute findet oder sonst nicht erreichbare Sammelobjekte wie Audiologs, über die ihr mehr über die Hintergründe in Erfahrung bringen könnt.

© Striking Distance Studios

Ob ihr an den entsprechenden Stellen vom Hauptpfad abweicht oder nicht, gilt es hier und dort zunächst neue Sicherungen zu besorgen und an Torsteuerungen einzusetzen, um den Weg fortsetzen zu können. Oder ihr entfernt an Leichen einen Chip im Nacken, der einen sonst dauerhaft verschlossenen Durchgang öffnen – Jacob dreht sich während dieser Aktion übrigens so zur Kamera, dass ihr von dem vermutlich blutigen Manöver nichts seht.

Auf echte Rätsel verzichten die Entwickler*innen aber, nur in seltenen Fällen trefft ihr auf Actionpassagen, in denen nicht der Kampf im Mittelpunkt steht. Dazu zählt unter anderem eine Art Railsequenz, in der ihr durch ein großes Abflussrohr gespült werdet und verschiedenen potenziell tödlichen Hindernissen aufweichen müsst.

Die zombieartigen Monster bekämpft ihr mit einer Mischung aus Nah- und Fernkampf. Schlägen eurer Widersacher weicht ihr aktiv aus, indem ihr den linken Stick nach rechts oder links bewegt. Das funktioniert erstaunlich gut, wenigstens gegen einzelne Gegner (ja, wir sind uns sicher, dass sie alle männlich sind und gendern den Begriff deshalb bewusst nicht), bei denen ihr mitunter auch mehreren Attacken abwechselnd nach links und rechts ausweichen müsst, um nach dieser Sequenz überhaupt ohne Gegenwehr zuschlagen zu können. Greifen euch gleich mehrere Mutanten auf einmal an, ist ihnen allein damit nicht beizukommen. Aber ihr schaltet später ja noch ein paar andere nützliche Gadgets frei.

Von Knarren und Schleuderhandschuhen

Euer Kampfrepertoire umfasst zunächst einmal verschiedene Schusswaffen wie ein Revolver oder eine Art Schrotflinte, die ihr größtenteils erst im späteren Verlauf erhaltet oder besser gesagt erhalten könnt. Denn abseits der beiden genannten Schießprügel und eurem Nahkampfschlägel, die ihr mit ausreichend Callisto Credits an einem Shop mit 3D-Drucker verbessert, bleiben sämtliche echte Waffen optional.

© Striking Distance Studios

Das gilt prinzipiell auch für sämtliche Upgrades dafür, mit denen ihr Schaden oder Munitionskapazität und für jeden der Ballermänner ganz am Ende sogar einen besonders starken, alternativen Feuermodus aktivieren könnt. Mit euren Knarren haltet ihr natürlich nicht einfach nur drauf, was aufgrund der vor allem in der ersten Spielhälfte begrenzten Ressourcen zusätzlich keine Idee ist. Gezielt die Schwachstellen anzugreifen oder schnelleren Monstern auf die Beine zu schießen, um sie zu verlangsamen, ist wesentlich effektiver, spart Munition und verhindert feindliche Treffer. Zerstückeln wie in „Dead Space“ müsst (und könnt) ihr die Gegner in „Callisto Protocol“ in dem Sinne mit euren Schusswaffen aber nicht.

Ein weiteres wichtiges Tool ist ein Handschuh, mit dem ihr die meisten der normalen Gegner an euch heranziehen und dann nach hinten wegschleudern könnt.

So werft ihr sie beispielsweise in ein Stachelgitter oder in einen laufenden Ventilator, was zumindest die normalen Varianten sofort tötet. Wie nützlich der Handschuh ist, kommt jedoch einerseits auf die Umgebung an, ob es besagte und andere Fallen also dort gibt, vor allem aber darauf, welche Upgrades ihr am 3D-Drucker durchgeführt habt oder eben nicht.

Denn ohne entsprechende Verbesserungen ist die Energie des Handschuhs schnell verbraucht. Nur, wenn ihr dessen Kraft erhöht, fügt ihr den Monstern auch dann nennenswerten Schaden zu, wenn ihr sie bloß an eine normale Wand klatscht oder auf einen ihrer hässlichen Freunde werft. In einem Durchgang scheint es uns quasi unmöglich, ausreichend Credits an Land zu ziehen, um alle Waffen oder den Handschuh komplett aufzuwerten – da es keinen New-Game-Plus-Modus gibt, ist dies auch kumulativ nicht möglich. Ihr müsst euch also entscheiden und die zu eurem bevorzugten Spielstil passenden Upgrades auswählen.

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Ähnlich wie in „Dead Space“ dürfte es zudem von Vorteil sein, nicht alle Waffen also etwa eine später per Blaupause freigeschaltete Schnellfeuerpistole, überhaupt herzustellen. Denn die Beute in Truhen oder auch von besiegten Gegnern (die stets noch mal mit einem Schlag oder Stampftritt treffen müsst, damit sie das Zeug droppen) wird wie auch in vielen anderen Survival-Spielen zufällig bestimmt.

Im erst später durch die Erlangung eines Weltraumanzugs etwas größeren Inventar ist jedoch nicht allzu viel Platz. Die nur begrenzt stapelbare Munition für alle vier Schusswaffen mitzuschleppen verstopft euer Inventar also besonders schnell. Um wertvolle Objekte mitzunehmen, die ihr am 3D-Drucker in Credits ummünzen könnt, kommt ihr viel schneller nicht um das Wegwerfen anderer Objekte wie etwa Munition oder Energiepacks für den Handschuh herum. Die wertvollen Objekte wiederum sind praktisch unverzichtbar, da nur ihr Verkauf größere Mengen an Credits gewährt. Einfach mehrfach zwischen einem der 3D-Drucker und den Levels hin und her zu laufen, geht dabei zumeist nicht oder nur eingeschränkt. Denn immer wieder bleiben Durchgänge nach dem Durchschreiten verschlossen, machen eine Rückkehr also unmöglich.

Schwieriger als Dead Space

Das begrenzte Inventar und die Tatsache, dass ihr eurer Credits „falsch“ investieren könnt, machen „Callisto Protocol“ für unser Gefühl bereits etwas schwieriger als „Dead Space“, wobei wir unseren vollständigen Spieldurchgang ausnahmslos auf dem mittleren der drei Stufen absolviert haben.

Wir meinen das übrigens gar nicht negativ, eher im Gegenteil. Denn zumeist profitiert das Spiel insbesondere atmosphärisch genau davon, da wir uns viel stärker in einem echten Überlebenskampf wähnen. Einen nicht unerheblichen Beitrag zum höheren Schwierigkeitsgrad leistet auch der hohe Schaden, den die meisten Gegner bei Nahkampftreffern austeilen sowie das Heilsystem. Ihr findet zwar bei getöteten Gegnern oder in Beutetruhen immer wieder Heilmittel, die ihr beim Aufsammeln sofort verwertet. Ansonsten könnt ihr verlorene Trefferpunkt aber nur mit einem Injektor aktiv wiederherstellen, wobei einer allein eine fast leere TP-Leiste nicht vollständig auffüllt. Inmitten eines Kampfes ist der Einsatz der Lebensenergie-Spender nur eingeschränkt möglich, da Jacob für die Injektion in die Knie geht und während der mehrere Sekunden andauernden Prozedur angreifbar bleibt.

Auch deshalb sind wir für das sehr faire Checkpoint-System dankbar, das in ziemlich regelmäßigen Abständen euren Fortschritt festhält. Ihr dürft sogar jederzeit manuell speichern, seid dafür also nicht auch Speicherstationen angewiesen.

© Striking Distance Studios

Allerdings haltet ihr damit lediglich den Fortschritt beim letzten Checkpoint fest, was in manchen Situationen nervig sein kann. Vor der Fahrt mit einer Plattform in einer Mine, auf der euch natürlich ein größerer Kampf erwartet, liegt der Checkpoint etwa im Raum daneben, in dem sich auch ein 3D-Drucker befindet. Ihr könnt dort natürlich dann Material verkaufen oder Upgrades durchführen, falls eure Ressourcen dafür ausreichen, und auch die Vorratstruhen auf der Plattform plündern, die reichlich Munition, Heilmittel und Co. enthalten. Startet ihr dann aber die Fahrsequenz und sterbt im Kampf, landet ihr wieder im Vorraum und müsst alles wiederholen, was ihr an den Truhen oder am 3D-Drucker erledigt habt. Und ja: auch dann, wenn ihr nach diesen Aktionen manuell gespeichert habt oder das manuelle Savegame später von Hand ladet.

Das ist einfach nur unnötig und erhöht künstlich die Spielzeit. Aber genau das dürfte gewünscht sein, denn ohne solche „Tücken“ des Speichersystems würde wohl selbst die Brutto-Spielzeit unter die Zehn-Stunden-Marke fallen, selbst wenn ihr die Bonusareale stets mitnehmt.

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Wortkarger Lange-Texte-Schreiber. FC-Fan und Piranha-Bytes-Vergötterer. Heizt mit Spielekonsolen statt mit Gas. Könnte täglich Pizza futtern, hat aber nie mehr als fünf Tage am Stück geschafft.
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