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Kingdom Come: Deliverance: Ein sperriges Rollenspiel mit großen Ambitionen

Von Patrik Hasberg - Preview vom 11.12.2017 12:23 Uhr

Wir durften uns einige Stunden in das Mittelalter-Rollenspiel Kingdom Come: Deliverance werfen und uns ein eigenes Bild über den Titel verschaffen, bei dem die Entwickler besonders großen Wert auf eine realistische und historisch korrekte Umsetzung legen. Unsere Einschätzung lest ihr in unserer Preview

Das Leben im Mittelalter

Hart und beschwerlich muss das Leben auf einer Burg im Mittelalter gewesen sein – vor allem die strengen und langen Winter haben den Menschen damals ordentlich zugesetzt. Ständig herrschte Durchzug, Räume konnten kaum beheizt werden und für Licht mussten die Bewohner bei Nacht selber sorgen. Heute ist es für uns fast unvorstellbar, dass nur ein Raum des Hauses beheizt werden kann oder frisches Wasser vom Brunnen geholt werden muss. Die oft romantische Vorstellung vom Leben auf einer Burg hat nur wenig mit der Realität zu tun. Und auch von der kulinarischen Seite her war der Alltag der Bewohner eher karg und einseitig.

Bitterkalt ist es auch in München, als wir uns auf den Weg zu den Büros von Koch Media begeben. Die gesamte Stadt ist mit einer Schneedecke überzogen, frieren müssen wir aber nicht und auch an Verpflegung ist gedacht worden. Wir dürfen uns zunächst über ein reich gedecktes Mal hermachen. Lange lassen wir uns aber nicht ablenken, denn schließlich haben wir eine wichtige Mission zu erledigen. Wir möchten ins Mittelalter abtauchen – genauer gesagt in das Jahr 1403, um das im Herzen Europas liegende Böhmen zu erkunden. Denn vor uns liegen einige Stunden mit dem Mittelalter-Rollenspiel Kingdom Come: Deliverance des tschechischen Entwicklers Warhorse Studios.

Erfolgreiche Finanzierung per Crowdfunding

Ursprünglich sollten lediglich 300.000 Pfund gesammelt werden, um den ambitionierten Titel vollständig zu finanzieren. Über dieses Ziel schossen die Entwickler allerdings schnell hinaus. Bei einem Meilenstein von 500.000 Pfund wurde dem Rollenspiel zusätzlich ein symphonischer Soundtrack spendiert, der „mehr John Williams und weniger Hans Zimmer“ sein soll.

Letztendlich kamen über die im Januar 2014 gestartete Kickstarter-Kampagne mehr als 1,1 Millionen Pfund von über 35.000 Unterstützern zusammen. Damit gehörte die Kampagne zu den erfolgreichsten Kickstarter-Projekten des Jahres. Nach und nach wurde der Titel umfangreicher und durch neue Features und Spielmechaniken erweitert. Über vier Jahre hat die Entwicklung von Kingdom Come: Deliverance bereits verschlungen, am 13. Februar 2018 soll schließlich die Vollversion erscheinen.

Das große Interesse seitens der Community kommt nicht von ungefähr, schließlich versprechen die Entwickler ein Fist-Person-Einzelspieler-RGP, das komplett ohne Drachen und Fantasy-Elemente daherkommt und den Fokus vor allem auf eine historisch weitestgehend korrekte Umsetzung des Mittelalters und ein komplexes Kampfsystem legt. Grafen, Herzoge, Fürsten oder gar Könige, die in dem Rollenspiel auftauchen, sollen auf historischen Vorlagen basieren und nach ihren Vorbildern benannt worden sein.

Die Umsetzung von Kingdom Come: Deliverance  soll so realistisch und authentisch wie nur möglich ausfallen. Ein kleines Beispiel: Sind wir im späteren Spielverlauf im Besitz eines waschechten Ritterhelms, verringert sich durch ein heruntergelassenes Visier zwar unser Sichtbereich drastisch, in Kämpfen ist dafür aber unser Gesicht vor Treffern geschützt. Sind wir gerade in keine Schlacht verwickelt, lässt sich das Visier wieder hochklappen.

Kingdom Come: Deliverance basiert optisch auf der CryEngine 3 und kann dementsprechend wunderschöne Landschaften auf den Bildschirm zaubern, die wir in dieser Art und Weise bisher nicht zu Gesicht bekommen haben. Interessant wird aber sein, ob Konsolen und Rechner auch bei größeren Schlachten eine konstante Framerate an den Tag legen können.

Heinrich ist kein Superheld!

Als Spieler schlüpfen wir in die Rolle von Heinrich, dem bescheidenen Sohn eines Schmieds, dessen friedvolles Dasein plötzlich ein böses Ende findet, als eine Söldnerarmee sein Heim zerstört und seine Familie tötet. Von Rache erfüllt, begibt er sich auf eine harte, blutige und dreckige Reise durch das rekonstruierte, historische Böhmen. Dabei werden die Entwickler nicht müde zu betonen, dass Heinrich keineswegs ein Superheld ist und vor allem nicht das Zentrum des Universums darstellt. Viel eher müssen wir uns von ganz unten hocharbeiten, Respekt verdienen, Erfahrung sammeln und dürfen uns vor allem nicht unterkriegen lassen. Doch selbst dann können wenige Schwerthiebe ausreichen, um Heinrichs Reise ein Ende zu setzen.

Um einen besseren Eindruck des Rollenspiels zu erhalten, stehen uns innerhalb der rund dreistündigen Anspiel-Session drei verschiedene Speicherpunkte an verschiedenen Stellen im Spiel zur freien Verfügung, die uns die allgemeine Quest-Mechanik, das Kampfsystem, die offene Spielwelt und vor allem die Detailverliebtheit des Titels näherbringen sollen.

Kaum im Spiel, fordert auch schon die erste Person einen Gefallen ein und wir sollen einen Ring besorgen – leichter gesagt als getan! Dieser befindet sich angeblich in dem Besitz eines kürzlich hingerichteten Mannes, der entsprechend bereits die Radieschen von unten zählt. Also müssen wir in den sauren Apfel beißen und erst einmal eine geeignete Schaufel finden, anschließend das Grab aufsuchen und die unschöne Arbeit erledigen. Doch Überraschung, der Ring befindet sich natürlich nicht mehr in dem Besitz des Dahingeschiedenen. Doch wo ist das Schmuckstück dann? Vielleicht hat ja der Henker seinen Lohn aufgebessert und den Ring womöglich an sich genommen? Weiter geht es also zu dem Haus des Scharfrichters.

Wie wir vorgehen, ist ganz uns überlassen. Wir können mucksmäuschenstill bei Nacht in das Haus eindringen und das Schloss der Truhe knacken oder am helllichten Tage auf die weniger subtile Art und Weise vorgehen. Die von uns gespielten Quests haben eines gemeinsam: Es gibt so gut wie immer gleich mehrere Lösungsmöglichkeiten, die aber auch entsprechende Konsequenzen mit sich bringen.

Kein The Witcher 3!

Was ebenfalls auffällt, ist die Tatsache, dass sich die verantwortlichen Entwickler bei Kingdom Come: Deliverance einiges getraut haben und des Öfteren unkonventionelle Wege gehen. Das Rollenspiel fühlt sich zu jeder Minute anders an als vermeintlich vergleichbare Genre-Kollegen. Wir wollen den Vergleich zu dem Action-Rollenspiel The Witcher 3: Wild Hunt an dieser Stelle gar nicht erst ziehen, denn die Ziele beider Spiele sind gänzlich andere. Kingdom Come: Deliverance ist kein Spiel, das noch schnell 20 Minuten vor der Arbeit oder der Schule gespielt werden sollte, sondern sich viel eher für zwei oder mehr Stunden nach dem wohlverdienten Feierabend anbietet.

Es beginnt bei kleinen Dingen wie der Schaufel, die wir benötigen, um die Leiche auszugraben und den Ring zu suchen. Denn wo sich das Werkzeug befindet, wird auf der Minikarte nicht angezeigt. Als Spieler müssen wir jederzeit gut zuhören, die Zähne zusammenbeißen, die Augen offen halten, eine ordentliche Portion Geduld an den Tag legen und vor allem mitdenken, ansonsten stellt sich ganz schnell Frust ein. Die Entwickler halten nicht bei jeder Aufgabe Händchen mit uns, sondern werfen uns in das raue und realistische Rollenspiel, um alleine klarzukommen!

Das mag vielleicht dem einen oder anderen Spieler nicht gefallen, zeigt aber auch wie konsequent das Entwicklerstudio bei der Umsetzung vorgegangen ist, um den Unterstützern der Kickstarter-Kampagne genau das Spiel zu servieren, das im Vorfeld versprochen worden ist und in das zahlreiche Unterstützer investiert haben. Ob das allgemeine Spielprinzip aber auch die breite Masse erreichen und vor allem zufriedenstellen wird, muss sich zeigen. Denn viele Komfortfunktionen wie in anderen Spielen, suchen wir in Kingdom Come: Deliverance vergebens.

Die Kunst des Kampfes

Ein Alleinstellungsmerkmal des Rollenspiels ist vor allem das Kampfsystem, das vom Spieler viel Koordination und vor allem Übung abverlangt. Bei den Kämpfen wird uns bei einem Gegner ein kleiner Stern angezeigt, der für die Richtungswahl entscheidend ist. Möchten wir einen schweren Schlag von der rechten Seite ausführen, bewegen wir unsere Maus nach rechts und drücken anschließend die linke Maustaste. Insgesamt gibt es fünf verschiedene Richtungen, für die wir uns entscheiden können: Wir können von oben, von rechts, links oder von unten links bzw. unten rechts auf unseren Gegner einschlagen. Entsprechend müssen wir Schläge aber auch abwehren.

Wichtig ist, dass wir unser Gegenüber beobachten und genauestens auf seine Bewegungen achten, um zu erkennen aus welcher Richtung der nächste Schlag kommen wird. Zwar werden uns die Grundlagen des Schwerkampfs, genau wie auch der Umgang mit Pfeil und Bogen, in einer entsprechenden Mission erklärt und anschließend direkt in die Praxis umgesetzt, wir fühlten uns aber schnell überfordert. Schließlich verhalten sich Gegner nicht dumm und parieren vorhersehbare Angriffe ohne große Mühe. Es empfiehlt sich also Angriffe anzutäuschen, die Bewegungen des Kontrahenten zu studieren und nicht in Panik zu verfallen. Hektische Klicke auf die Maustasten haben meistens den virtuellen Tod zur Folge.

Während wir gut ausgerüstet und mit einiger Kampferfahrung ein bis zwei Gegner niederstrecken können, stellen größere Gruppen eine ganz andere Herausforderung dar. Der zweite Speicherstand ließ uns ein Banditenlager angreifen – zum Glück aber nicht alleine. Gemeinsam mit dem König und rund zwei Dutzend bis an die Zähne bewaffnete Soldaten geht es den Banditen an den Kragen. Im Vorfeld solcher Kämpfe empfiehlt es sich außerdem beispielshalber das Essen der Männer zu vergiften, um im späteren Gefecht leichteres Spiel zu haben oder Feuer zu legen, damit die Bogenschützen durch den Rauch kein freies Sichtfeld haben und ihre Stellungen verlassen. Trotzdem sollte bei solchen Kämpfen möglichst nicht in der ersten Reihe gekämpft werden, wie uns Tobias Stolz von den Warhorse Studios im Vorfeld erklärt hat.

Lieber erst einmal in der Deckung bleiben und den anderen Soldaten die Arbeit überlassen. Hat sich das Feld ein wenig ausgedünnt, können einzelne, gezielte Schwerthiebe Wunder wirken. Negativ aufgefallen ist uns hier, dass unser Charakter während solcher Kämpfe keine Nahrung zu sich nehmen kann, Speichern ist hier ebenfalls nicht möglich. Werden wir also direkt zu Beginn schwer getroffen, müssen wir mit der Restgesundheit haushalten und nur noch sehr vorsichtig vorrücken. Sterben wir im späteren Verlauf, muss die gesamte Schlacht neu geschlagen werden. Die Entwickler ließen allerdings durchblicken, dass man sich diesbezüglich noch einmal zusammensetzen möchte.

Möglich ist zum Beispiel, dass Sanitäter für Heilung während der Gefechte sorgen können. Auch hier wird wieder deutlich, dass sich die Verantwortlichen nur ungern von ihrer Philosophie lösen möchten, die man sich für Kingdom Come: Deliverance auf die Fahne geschrieben hat: Möglichst realistische Kämpfe im Mittelalter! Welcher Ritter packt schließlich innerhalb einer blutigen Schlacht einen Apfel aus und beißt herzhaft in diesen hinein?

Das Leben in einem Kloster

Gegen Ende durften wir nicht nur einen Blick auf ein mittelalterliches Kloster werfen, sondern dieses sogar innerhalb einer Mission als angeblicher Novize betreten. Wir möchten an dieser Stelle nicht zu viel verraten, aber es gibt einige vorangehende Aufgaben, die erledigt werden müssen, ehe wir das Gebäude betreten können. Hier kann Kingdom: Come Deliverance voll auf seine Stärken zurückgreifen und vor allem durch die detaillierte Umsetzung des tatsächlich existierenden Klosters überzeugen.

Als Novize müssen wir uns an den strengen Alltag der Mönche halten und beispielhalber bei Sonnenaufgang aufstehen, beten und unsere tägliche Arbeit erledigen. Eigentlich sind wir aber auf der Suche nach einem Mörder, der sich hinter diesen Mauern verstecken soll – Detektivarbeit mit pastoralem Gesang im Hintergrund, für Abwechslung scheint in jedem Fall gesorgt sein!

 

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Fazit

Selbstverständlich kann ich noch nicht abschließend einschätzen, ob die Missionen und das Konzept von Kingdom Come: Deliverance funktionieren werden, schließlich sprechen die Entwickler von einer ungefähren Spielzeit von 50-60 Stunden. Zusammengefasst ist das Rollenspiel nicht ganz einfach zugänglich, benötigt einiges an Eingewöhnungszeit und ist einfach sperrig – die Einstiegshürde ist deutlich höher, als bei anderen Genre-Kollegen.

Dessen ist sich der Entwickler aber nicht nur bewusst, sondern hat diesen Weg von Beginn an eingeschlagen, um ein gänzlich anderes Konzept zu verfolgen. Sollten die Mechaniken wirklich funktionieren, die Bugs und Fehler im Spiel bis zum Release am 13. Februar 2018 tatsächlich behoben sein, könnte Kingdom Come: Deliverance genau das Rollenspiel sein, das sich anspruchsvolle Mittelalter-Fans schon immer gewünscht haben – ganz ohne Fantasy und Drachen. Versprochen!

Schreiberling, Spieleentdecker, praktizierender Perfektionist und Mann fürs Grobe. Außerdem laufender Freizeit-Hobbit, der Katzen liebt. – Hunde gehen auch. „Auch sonst eigentlich ganz ok“.
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