PLAYCENTRAL TESTS A Plague Tale: Requiem

A Plague Tale Requiem: Emotional, actionreich, wunderschön – TEST

Von Benjamin Braun - Test vom 17.10.2022 20:00 Uhr
© Focus Home Interactive

Wer wie der Autor dieser Zeilen in den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren nicht zuletzt mit Filmen von Klopperikonen wie Arnold Schwarzenegger, Sylvester Stallone oder Chuck Norris aufgewachsen ist, der könnte meinen, dass echte Held*innen regelrecht unverwundbar sind – auch emotional. Genau das aber zeichnet wahre Held*innen nicht aus, sondern dass sie über sich hinauswachsen, bereit sind, ihr eigenes Schicksal selbstlos zu Gunsten eines höheren Ziels oder eines geliebten Menschen auszurichten.

Nichts anderes als das verkörpert Amicia de Rune, die Hauptheldin des Action-Adventures A Plague Tale: Innocence. In Asobo Studios Überraschungshit aus dem Jahr 2019 beschützten wir mit Amicia deren kleinen Bruder Hugo vor den Schergen der Inquisition und den Pestratten des 14. Jahrhunderts. Nun geht das Abenteuer des sympathischen Geschwisterduos in A Plague Tale: Requiem endlich weiter. In unserem spoilerfreien Test verraten wir euch, ob das Sequel den starken Vorgänger übertreffen kann.

Die Flucht geht weiter

Ganze sechs Monate sind seit den Ereignissen in „A Plague Tale: Innocence“ vergangen, doch Ruhe ist bei Amicia de Rune und ihrem kleinen Bruder Hugo noch nicht eingekehrt.

Die beiden werden auf ihrem Weg Richtung Süden wie gehabt von der Inquisition durch das Frankreich des Jahres 1349 verfolgt und suchen immer noch verzweifelt nach einem Heilmittel für Hugo. Niemand weiß, was genau hinter seiner Krankheit steckt, doch es gibt eine mysteriöse Verbindung zwischen Hugo und den Pestratten, die ganze Städte zerstören und die der Junge offenkundig bis zu einem gewissen Grad kontrollieren kann.

Sind die beiden De-Rune-Kinder womöglich Teil einer düsteren Prophezeiung? Im Spiel werdet ihr das und vieles mehr herausfinden…

© Focus Home Interactive

Die gut 15-stündige Kampagne, was ungefähr dem eineinhalbfachen Umfang des Vorgängers entspricht, führt euch in die Provence, die Hafenstadt Marseilles, aber auch auf eine Insel im Mittelmeer, die Hugo zuvor im Traum erschienen ist.

Erwartet dabei erzählerisch nicht zu viel. Die Story bietet zwar so einige Wendungen, ist hochwertig inszeniert und wartet auch auf Deutsch mit erstklassig vertonten Dialogen auf. „A Plague Tale: Requiem“ lebt aber weniger von der großen Geschichte an sich. Ähnlich wie der Vorgänger zieht sie ihre Energie aus den beiden Hauptfiguren, ihrer Beziehung zueinander und dem gemeinsamen Erlebnis, das zwar droht, sie zu entzweien, aber letztlich immer näher zusammenschweißt.

Atmosphärisch erreicht „Requiem“ dabei die Klasse des Vorgängers locker, was besonders der Next-Gen-würdigen Präsentation zu verdanken, aber durchaus auch den spielmechanischen Verbesserungen geschuldet ist. 

Kampfgestählte Beschützerin

So positiv der Vorgänger 2019 überraschte, immerhin das erste komplett eigene Spieleprojekt von Asobo, frei von Schwächen war das Action-Adventure nicht.

Den größten Nachholbedarf hatte das stealthlastige Kampfsystem, bei dem sich Amicia überwiegend nur indirekt gegen ihre Feinde zur Wehr setzen konnte. Mit „Requiem“ ändert sich das. Mit ihrer Armbrust könnt ihr nun auch gepanzerte Feinde ausschalten. Bestimmte Werkbank-Aufwertungen von Amicias Alchemie-Künsten vorausgesetzt, sind etwa mit Ignifer versehene Wurfgeschosse tödlich. Passt ihr den richtigen Moment ab, könnt ihr mit einem damit ausstaffierten Topf sogar gleich mehrere Feinde auf einmal verbrennen.

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Auch die Vielfalt der Gegner wächst mit verschiedenen Nah- und Fernkämpfern an, weshalb ihr die neuen taktischen Optionen auch nutzen müsst, um gegen sie bestehen zu können. Ein alarmierter Schildgegner etwa wehrt mit seinem Schild Bolzen und Wurfgeschosse einfach ab. Damit er dann noch seinen ungeschützten Kopf freigibt, müsst ihr ihn mit einem anderen alchemischen Mittelchen die Sicht verschleiern, was auch durch Schüsse auf bestimmte Objekte in der Umgebung möglich ist.

Amicia wird durch ihre überarbeiteten respektive neuen Skills und Gadgets allerdings nicht zur Ramboine.

Sie bleibt äußerst verletzlich, selbst bei normalen Gegner ist spätestens nach zwei Treffern Schluss. Ihr müsst also mit Bedacht vorgehen und könnt wie gehabt die meisten Szenen komplett ohne Kill absolvieren, indem ihr Feinde bloß ablenkt und an ihnen vorbeischleicht. Ihr könnt nun aber im Regelfall eben auch alle Gegner im Level töten, um den Ausgang in den nächsten Bereich öffnen zu können. Tatsächlich ist das sogar die Methode, die uns am meisten Spaß gemacht hat. In jedem Fall aber erhöht sich dadurch die spielerische Vielfalt, die in den meisten Fällen alles zwischen heimlich und gewaltarm sowie offensiv-tödlich zulässt.

Mehr Action gibt es auch in anderen Sequenzen, in denen ihr auch mal eine Art Geschützturm bedient oder ähnlich wie Nathan Drake in „Uncharted“ in spektakulären Passagen vor menschlichen Verfolgern oder Ratten davonläuft.

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Die wohl nervenaufreibensten Szenen bestehen jedoch aus kleinen Abwehrschlachten, in denen Amicia dann doch in gewisser Weise zur Ramboine wird. Dort werdet ihr entsprechend in Wellen von Feinden attackiert, die bereits alarmiert sind und zwingend getötet werden müssen.

Das ist mitunter hektisch, da die dabei genutzten Arenen relativ kompakt sind und ihr häufig Gadgets oder die alchemische Substanz im Waffenrad wechseln müsst. Die Abwehrschlachten sind aber nicht nur nervig, sie passen einfach nur wirklich zum Spiel und besonders nicht zu Amicia.

Daran ändert auch nichts, dass das Spiel Amicias Zwiespalt erzählerisch aufgreift, ob es legitim ist, tödliche Gewalt anzuwenden oder nicht. Zum Glück gibt es von diesen Abwehrschlachten nur wenige. Andernfalls hätten wir sie Asobo wohl ernsthaft übel genommen. So können wir dem Spiel in Bezug auf die Kämpfe unterm Strich klare Verbesserungen attestieren, die die meisten Kritikpunkte am Vorgänger ausmerzen. Sogar dessen zu geringen Schwierigkeitsgrad, obgleich Amicia im Rahmen des Upgrade-System im späteren Verlauf ebenfalls einen Hauch zu stark werden kann.

Puzzeln, Erkunden und Genießen

Was Asobo in „A Plague Tale: Requiem“ einmal mehr sehr gut gelingt, ist das Pacing. Es gibt eine fast optimale Abfolge von dramatischen Sequenzen und Momenten des Durchatmens, etwa wenn Amicia und Hugo händchenhaltend durch die wunderschönen Landschaften laufen, sich ein kleines Wettrennen auf einer Blumenwiese liefern oder auf einem Marktplatz Ziegen streicheln.

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Derartige Tempoverschiebungen gibt es aber nicht bloß in den stärker aufs Exploring ausgelegten Gebieten, in denen ihr spielerisch kaum gefordert werdet, sondern einfach genießen könnt. Für Abwechslung sorgen auch die Rätselpassagen, die ebenfalls an Qualität und Vielfalt zulegen.

Besonders gut hat uns beispielsweise der Abschnitt an einem Flussufer gefallen, an dem Amicia gemeinsam mit einem der wechselnden NPC-Begleiter*innen versuchen muss, an riesigen Mengen von Ratten vorbei zu kommen. Ihr steuert dabei nur Amicia direkt, müsst eurem Sidekick aber Befehle geben, um etwa Schalter für euch umzulegen.

Bei späteren Rätseln müsst ihr sogar gleich mehrere Begleiter*innen bestimmte Aufgaben zuweisen oder im richtigen Moment die Anweisung geben, einen Schalter wieder loszulassen. Nur so gelingt es euch in einem Hafenabschnitt beispielsweise, mehrere Becken zunächst mit Teer zu füllen und schließlich anzuzünden, damit euch in diesem Fall euer Begleiter Lukas an den Ratten vorbei zum Ausgang folgen kann.

Lukas ist nur einer der Begleiter*innen und verfügt wie jeder davon auch über mindestens eine spezielle Fähigkeit, die ihr im Kampf nutzen könnt. Einen hier nicht namentlich genannten Krieger könnt ihr in den Schwertkampf mit Feinden schicken. Eine Piratin verfügt wiederum über ein Kristallprisma, das Licht bündeln kann. Damit lasst ihr die Freibeuterin in einem Spielabschnitt, in dem ausnahmsweise Schleichen vorgeschrieben und Kills verboten sind, Gräser aus der Distanz entzünden, um Gegner abzulenken. In Nachtpassagen mit Ratten wiederum kann sie mit dem Prisma das Licht entzündeter Fackeln und anderer Feuerstellen einfangen und so einen schützenden Lichtkegel um euch herum aufbauen.

Auch das erhöht die spielerische Vielfalt deutlich, zumal Asobo auch damit clever regelmäßig die Voraussetzungen in den Levels variiert. Nur wenn Ratten zugegen und Hugo an eurer Seite ist, könnt ihr etwa die Verbindung Hugos zu den Nagern nutzen, um die Position der wie mit einer Röntgensicht anzeigen zu lassen. Aber Amicias Bruder kann später noch mehr als das. Doch das sollt ihr lieber selbst herausfinden.

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Wortkarger Lange-Texte-Schreiber. FC-Fan und Piranha-Bytes-Vergötterer. Heizt mit Spielekonsolen statt mit Gas. Könnte täglich Pizza futtern, hat aber nie mehr als fünf Tage am Stück geschafft.
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