PLAYCENTRAL TESTS The Evil Within 2

The Evil Within 2: Von Psychopathie und Soziopathie – unsere Reise in den STEM

Von Ben Brüninghaus - Test vom 23.10.2017 17:45 Uhr

Wir aus dem Hause PlayNation haben uns das neue Gruselabenteuer The Evil Within 2 von Bethesda angesehen und möchten euch in unserem Testbericht näherbringen, was das Horror-Sequel zu bieten hat. Allem voran klären wir die Frage, ob der Nachfolger seinem Vorgänger ebenbürtig ist und was er möglicherweise besser macht.

Die Mannen von Tango Gameworks arbeiteten in den letzten Jahren an The Evil Within 2 (japanisch Psycho Break 2), dem offiziellen Nachfolger von The Evil Within. Unter der Flagge von Bethesda Softworks dürfen wir hier einen neuen AAA-Titel begrüßen, der dem Horror-Genre einen neuen Stempel im künstlerischen Zusammenspiel einzelner Elemente aufdrückt. Zumindest in puncto Horror gibt es neben den alten Spielemarken Resident Evil, Silent Hill oder gar Dead Space recht wenig AAA-Futter, das einen modernen Spieler wirklich vom Hocker haut. Dies sollte sich mit The Evil Within 2 nun ändern.

Von Psychopathie und Soziopathie

Insgesamt konnte das Entwicklerteam aus den Erfahrungen, die sie am Vorgänger und seinen DLCs machten, lernen und die Ideen sinnvoll weiterentwickeln. Wenn wir uns die Charaktere aus dem Prequel ansehen, könnte die Kritik fallen, dass neben Castellanos und Kidman im ersten Ableger und den DLCs eher weniger Personen in den Fokus des Spielers rückten, die wirklich von Belang waren. Sie erschienen zum Teil doch recht unvollendet auserzählt. Dieser Umstand wird im Nachfolger gänzlich ausgemerzt. Allem voran ist uns das neue Dialogsystem positiv ins Auge gestochen. Mit Dialogen, wie sie BioWare nicht besser hätte schreiben können, darf der Spieler hin und wieder Bekanntschaft mit Einwohnern von Union oder Mitgliedern der Schattenorganisation "Mobius" machen. Diese Dialoge und diverse Cutscenes tragen maßgeblich zum Eintauchen in die eigens geschaffenen Parallelwelten des STEM bei.

Alles dreht sich um Sebastian Castellanos, der nach seiner ersten Reise in den STEM erneut auf eine derartige Reise gehen muss. Die allgegenwärtige Suche nach seiner Tochter Lily gibt dem ehemaligen Detective ein Motiv, das ihn nicht von seinem Weg abweichen lässt. Im Laufe des Spiels werdet ihr den Geheimnissen des verschwundenen Kindes auf die Spur kommen, doch bis dahin ist nichts wie es scheint.

Der STEM wurde von Mobius entwickelt, um diverse Körper und ihr Bewusstsein zu einer Art Metabewusstsein zu verbinden, in der jeder vom Bewusstsein des anderen profitiert. In der Theorie ist dieses symbiotische Kollektivbewusstsein eine gute Idee, wäre die Umsetzung nicht so unmenschlich und wären da nicht bestimmte Anomalien, die jener Parallelwelt im STEM unvorhergesehene Komplikationen verschaffen.

Jede Figur braucht Gegenspieler

Doch am Ende sind es doch menschlich inszenierte Figuren, die uns zum Mitfühlen animieren. Die Charaktere und ihre Beziehungen sind der Schlüssel, zu denen wir scheinbar einen Bezug erhalten, obgleich es sich nur um fiktive Gestalten handelt. Hier dürft ihr euch auf alte und neue Gesichter freuen. Insbesondere bei den Antagonisten hat es Tango geschafft, dem Ganzen nochmal einen spürbaren Stempel aufzudrücken, der wichtig für den mitfühlenden Spieler erscheint.

Die vermeintliche Schönheit des entstellten Körpers und Obszönität gehen Hand in Hand mit dem Wahn von Psychopathie und Sozipathie. Doch in einer Welt, in der das Unterbewusstsein maßgeblich Auswirkungen auf sämtliche Zeitformen und den gesamten Raum hat, ist schließlich auch möglich. Stefano Valentini, ein missverstandener Künstler, und Pater Theodore, ein wahnsinniger Geistlicher, werden euch in diesem Abenteuer begegnen und ihr werdet sie nicht vergessen.

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Horrortugenden einigt euch!

Allem voran ist der bekannte Entwickler Shinji Mikami als ausführender Produzent mit an Bord, der dem Vorgänger schon einen ganz besonderen Schliff verlieh. Dieser war seines Zeichens verantwortlich für die ersten vier Ableger der Resident Evil-Reihe. Eine Reihe, die seinerzeit vielen unschuldigen Spielern, die noch grün hinter den Horrorohren waren, das Fürchten lehrte. Dies änderte sich zwar ab einem gewissen Zeitpunkt, allerdings geht der geistige Kopf immer noch seinem Handwerk nach. Wenn nun auch unter der Flagge von Tango Gameworks.

Im zweiten Teil von The Evil Within sind seine Einflüsse deutlich spürbar. Denn anders als die Entwickler der neueren Resident Evil-Teile, konzentrierte sich Tango im Ganzen bei der Entwicklung viel mehr auf stilistische Elemente, die nicht nur der Umgebung und dem Setting zugute kommen, sondern am Ende exakt den gewünschten Effekt hervorrufen – leichtes Unbehagen beim Erforschen der Gänge und Gebäude, obzöne Gestalten und Bilder, die den Spieler verunsichern sowie den Schreckmoment zum geeigneten Zeitpunkt. Die Mischung macht es und die Formel geht auf. Obwohl der Titel zahlreiche Facetten aufweist, die den Spieler tiefer ins Geschehen eintauchen lassen, nimmt er sich die entsprechende Zeit, wenn es vonnöten erscheint. Und dabei kommt nichts zu kurz. Ihr werdet weder zu nervigen Schleichpassageen verleitet, noch zu viel "Rumgeballer" oder gar "Geplapper" vernehmen. Die differenzierten Gameplay-Elemente erscheinen hier in einem richtigen Maße, als wäre der goldene Schnitt der Mathematik auf ein Horrorspiel übertragen worden.

Silent Hill meets Resident Evil?

In The Evil Within 2 ist alles möglich. Die Grundidee und die Tatsache, dass ihr euch in einer eigens erschaffenen Welt mit eurem Bewusstsein befindet, bietet eben jene Möglichkeit, um das Setting glaubhaft zu verkaufen.

Am Ende bedeutet dieser Umstand aber auch, dass die Entwickler nicht nur ihrer küstlerischen Freiheit nachkommen können, wenn es um die Gestaltung einzelner Passagen geht. Hier wird primär mit der Wahrnehmung des Protagonisten gespielt. Zudem ist alles eine Frage der Perspektive. Doch von einem gewissen Standpunkt aus haben wir all das schon einmal gesehen. Das Spielgefühl kommt einem merkwürdig vertraut vor. Und dennoch erscheint es nur schwer einzuordnen. Aber woher kommt das?

Möglicherweise rührt der Pudding daher, dass wir das Gameplay und einzelne Adaptionen als solches schon einmal in verschiedenen Spielen gesehen haben. Nur eben nicht in dieser Form, die ein höherwertiges Gesamtbild ergibt. Die Entwickler übernehmen viele Teilaspekte diverser Spiele und dennoch erscheint das Gameplay erfrischend neu, da sie es auf ein neues Level heben. Als großes Beispiel nehmen wir hier die vermeintliche Open World, die ihr vielleicht aus der Silent Hill-Reihe kennt.

Es ist keine Open World, wie sie in diversen Rollenspielen oder anderen Vertretern anderer Genres auftritt und dennoch bietet sie die freien Ansätze, etwaige Gebäude und die Umgebung zu erkunden sowie viel Spielraum für kleinere Elemente und Einlagen zur Verfügung zu stellen. Beispielsweise erwischten wir uns immer wieder dabei, den Müll nach etwaigen Waffenteilen oder Schießpulver zu durchsuchen, nachdem wir gegen einen Getränkeautomaten schlugen, um aus Flaschen "Grünes Gel" einzusammeln. 

Inhalte on masse

Insgesamt wird der Forschergeist des Spielers hier immer wieder durch kleinere Passagen gereizt, da selbst die kleinsten Winkel Unions so unendlich viel zu bieten haben. Ihr solltet euch ausreichend Zeit für das Spiel nehmen und wirklich hinter jeder Ecke nachschauen. Als kleines Hilfsmittel steht euch diesbezüglich ein Kommunikationsgerät zur Verfügung, das diverse Wegpunkte oder Ressourcen in den Fokus stellt. Und außerdem gibt es seltsame Geräusche von sich. Nanu. Ist das dahinten etwa Silent Hill?

Neben bestimmten Anomalien, die sich mit dem Kommunikationsgerät auffinden lassen, haben wir beispielsweise in einem Appartment die Begegnung mit einem geisterhaften Wesen durchlebt. Dieser Geist hat uns sogar durch den Controller hinweg ins Ohr gerufen – das ist außerordentlich beängstigend! Eine Begegnung, die wir zweifelsohne nicht so schnell vergessen werden. Und warum sollten die Entwickler nicht alle Möglichkeiten nutzen, die ihnen mit der PlayStation 4 zur Verfügung stehen? Wir raten den Titel ohne Licht und in der tiefen Nacht für den entsprechenden Effekt zu spielen. 

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Waffen-, Craft- und Loot-System

Da es sich um einen AAA-Titel handelt, gibt es selbstredend auch genug Ressourcen, um diverse Features zu verbauen, die im Grunde auf das Belohnungssystem des Menschen zurückführen sind. Ihr findet neben herkömmlicher Munition und dem bekannten Grünen Gel nun weitere Kleinigkeiten wie Rotes Gel, die das Looter-Herz insgesamt höherschlagen lassen.

Im Sequel nimmt das Craft-System ganz neue Formen an. So könnt ihr nun Grünes Gel und Rotes Gel auffinden, das ihr bei der lieben Krankenschwester gegen etwaige Verbesserungen eures Charakters eintauschen könnt. Das Gel wird euch injiziert und ihr könnt beispielsweise eure Lebensanzeige steigern oder länger Sprinten. Belohnungen für den Spieler, die den aktuellen Run vereinfachen können.

Verbesserungen in Hinsicht auf die Waffen von Sebastian wurden nun ausgelagert. Ihr dürft jetzt Werkbänke aufsuchen, um eure Waffenverbesserungen gegen Waffenteile freizuschalten. Um die Stufen der einzelnen Waffen zu steigern, benötigt es sogar seltene Waffenteile. Schließlich müsst ihr aber auch Patronen, Medizinkoffer oder die Spritzen selber herstellen. Das geht auch von unterwegs, aber um entsprechend Materialien zu sparen, solltet ihr lieber auf die Werkbank zurückgreifen.

Profit durch Erfahrung

Insgesamt wirkt das neue Crafting-System etwas ausgereifter und von der Grundidee her weiter ausgebaut. Demnach werdet ihr die verschiedensten Materialien und diverse Specials wie zum Beispiel versteckte Schlüssel in Union auffinden können.

Das Gameplay in Hinsicht auf das Waffensystem wurde zudem verbessert. Die Waffen funktionieren besser und es gibt jetzt sogar Waffenkategorien, sodass ihr verschiedene Pistolen mitführen könnt, die allesamt taktische Vorteile bieten. Die Beschützer-Armbrust hat ebenfalls ein Upgrade verpasst bekommen. Mit den elektrischen Bolzen lassen sich nun beispielsweise bestimmte Türen öffnen. Und falls ihr schließlich ein Schusstraining absolvieren möchtet, solltet ihr einmal in das Büro von Castellanos vorbeisehen. Dort gibt es einen mysteriösen Raum. Wir mussten mit leichter Wehmut an Parasite Eve 2 bei diesem Abschnitt denken.

Zum Fazit

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The Evil Within 2 im Test

Fazit und Wertung von Ben Brüninghaus

Das Horrorabenteuer von Tango und Bethesda fesselte mich schon nach wenigen Minuten und ehe ich mich versah, waren mehrere Stunden vergangen. The Evil Within 2 ist das beste Horrorspiel, das ich seit langer Zeit spielen durfte. Alle Gameplay-Elemente machen Spaß und sind im Vergleich zum Vorgänger optimiert worden, auch wenn sie zum Teil recht adaptiert erscheinen. Das Crafting aus The Last of Us, die Open World aus Silent Hill und stilistische Horrorelemente aus den Anfängen von Resident Evil – all das haben die Entwickler unter der Führung Shinji Mikamis zu einem neuartigen Gesamtkunstwerk vereint.

Neben lustigen Easter Eggs, die auf den Publisher Bethesda zurückzuführen sind, hatte ich zudem viel Spaß bei der Erkundung Unions. The Evil Within 2 ist ein Spiel, das von vorne bis hinten so detailliert ausgearbeitet ist, dass es anmaßend erscheint, nicht jeden Winkel dieses Kunstwerks zu erkunden. Die Spieler sollten sich hier definitiv die erforderliche Zeit nehmen, aber im Grunde kommt das auch von ganz allein. Diverse Eckpunkte stoßen immer wieder ins Auge, sodass mir das Spiel kaum eine andere Wahl lässt, als es sich näher anzusehen – und ich liebe diesen Umstand!

Selbst die Spieler, die den ersten Teil nicht kennen, werden von der Erzählweise so gut ins Boot geholt, dass es theoretisch kein Run durch den Vorgänger benötigt, um alle Facetten und Eigenarten der Figuren nachvollziehen zu können. Ich würde den Spielern trotzdem sehr gerne auch den ersten Teil ans Herz legen, da dieser dem Nachfolger ebenbürtig erscheint, obgleich wir hier auf die Verbesserungen am Gameplay und Kleinigkeiten verzichten müssen, die sich in The Evil Within 2 vorfinden lassen. Von der Geschichte, der Erzählweise und Aufmachung haben die Mannen von Tango den Geist eingefangen, den es Resident Evil eines Tages fehlte. Ich bin der Ansicht, The Evil Within lässt sich gut und gerne als geistiger Nachfolger von Resident Evil betiteln. Ähnlich wie bei Konami und Kojima beim Silent Hills-Vorfall ist ein Spiel immer nur so gut wie seine Entwickler selbst.

Schließlich werde ich noch lange Zeit über Sebastian, Lily oder die Mitglieder von Mobius nachdenken, denn Tango hat hier ein unvergessliches Horrorerlebnis geschaffen, von dem es derzeit nicht allzu viele vergleichbare Exemplare zu sehen gibt in der hiesigen Spielelandschaft. Die Japaner verstehen ihr Handwerk scheinbar, wenn es um stilistische Mittel des Horror-Genres geht. Doch ebenso wichtig ist der erreichte Fortschritt, den wir hier beispielhaft nicht nur als Individuum machen, sondern der mit einer Vielzahl an Personen geschaffen werden kann.

Pro

+Soundkulisse bietet Wiedererkennungswert
+Musikalische Untermalung fördert Unbehagen
+Figuren und Konstellationen greifen perfekt ineinander
+Open World a la Silent Hill weckt Neugier und Forscherdrang
+Horror- und Stilelemente wie zu den Anfängen von Resident Evil
+Easter Eggs in Relation zu Bethesda
+Gekonnter Wechsel der Third- und First-Person-Sicht
+Das Setting rund um den STEM bietet viele Möglichkeiten
+Viel Liebe zum Detail (Level-Design)
+Narrativer Tiefgang

Contra

-Kein Spiel zum "Rushen" - wer mit Entschleunigung nichts anfangen kann, wird hier womöglich einiges verpassen
-Wiederholtes Ablaufen der selben Passagen, beispielsweise in Nebenmissionen
-Vorsicht: Hoher Schwierigkeitsgrad! Anfänger sollten auf leicht spielen
-Mit der PS4 hatten wir einige Nachlader und Frame-Einbrüche zum Beispiel im 6. Kapitel (Geschäftsviertel) - Mit der PS4 Pro evtl. bessere Performance
Hauptberuflicher Jedi-Meister, nebenbeschäftigt bei PlayCentral.de. Popkultur-Fetischist: Star Trek, Star Wars, alles mit „Star“, verspeist Spiele-OSTs zum Frühstück, Großmeister der Bärenschule. Inquisitor. Mag das Ende von Mass Effect.
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