PLAYCENTRAL TESTS Unravel

Unravel: Ein rotes Woll-Männchen erobert die Welt

Von Patrik Hasberg - Test vom 11.02.2016 12:37 Uhr

In dem Puzzle-Plattformer Unravel begleiten wir ein kleines Woll-Männchen auf eine lange und beschwerliche Reise. Dabei hüpfen, springen und rätseln wir uns nicht nur durch wunderschöne und technisch beeindruckende 2D-Landschaften, sondern bekommen auch eine wichtige Botschaft an die Hand. Das kleine schwedische Entwicklerstudio Coldwood Interactive zeigt mit Unravel wie Emotionen und Gefühle innerhalb eines Videospiels auf einfache Art und Weise transportiert werden können.

So emotional kann Wolle sein

Unravel gehörte mit Sicherheit zu den größten Überraschungen der letztjährigen E3 in Los Angeles. Als kleines Männchen, gestrickt aus roter Wolle, erwachen wir in dem Puzzle-Plattformer zum Leben und begeben uns auf eine lange und beschwerliche Reise. Doch der Titel hat deutlich mehr zu bieten, als clevere Rätsel, abwechslungsreiche Level, die grafisch einfach hervorragend aussehen oder eine Musikuntermalung, die jederzeit absolut zu der jeweiligen Situation und Grundstimmung passt.

Unravel erzählt eine Botschaft, das kleine Männchen namens Yarny entpuppt sich als Metapher und hält dem Spieler einen Spiegel vor die Augen. Wer wissen möchte, was das kleine schwedische Entwicklerstudio Coldwood Interactive durch den Plattformer auszudrücken versucht, muss nur eines –  aufmerksam zuhören und beobachten.

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Eine Reise in die Vergangenheit

Zu Beginn von Unravel dürfen wir der „Geburt“ von Yarny beiwohnen, der aus einem einzigen langen Faden besteht. Eine ältere Dame sitzt alleine in ihrem Haus; sie strickt und blickt dabei offensichtlich wehmütig auf ihr vergangenes Leben zurück. Dabei entsteht Yarny, dessen Aufgabe es ist, der Frau zu zeigen, dass sie ein erfülltes und tolles Leben geführt hat.

Dazu erkunden wir das Haus und schlüpfen durch insgesamt elf Bilder, die überall in den Räumen verteilt zu finden sind, in die Vergangenheit auf der Suche nach Erinnerungen. So finden wir am Ende eines jeden Kapitels rote Wollfiguren, die wir anschließend in ein Album kleben. Dadurch werden die Seiten nach und nach mit Fotos und Text komplettiert und erzählen in ihrer Ganzheit eine rührende Geschichte.

„Liebe verbindet wie ein Garnfaden. Genau wie Garn können diese Verbindungen zerbrechlich sein, oder durcheinander geraten. Wenn man sie jedoch behält und sich um sie kümmert, können Sie jede Distanz überwinden.“

Hübsch, hübscher, Unravel

Also begeben wir uns gemeinsam mit Yarny auf eine Reise, die abwechslungsreicher nicht verlaufen könnte. Dies liegt unter anderem an den unterschiedlichen Levelabschnitten, die uns in Sachen Abwechslung geradezu verwöhnen. Mal erkunden wir an einem wunderschönen sonnigen Tag das Meer, müssen uns dabei allerdings auch vor hübschen 2,5-D-Wellen in Acht nehmen und unternehmen einen kurzen aber tollen Flug mit einem Papierdrachen. Später im Spiel wird die Grundstimmung allerdings zunehmend melancholischer. Das ist nicht nur daran zu erkennen, dass die Sonne im Verlauf der elf Kapitel unterzugehen beginnt, auch die Musikuntermalung gibt traurigere Melodien wieder. Beeindruckend sind diese Abschnitte aber trotzdem oder gerade deswegen. Wenn wir mit unserem Protagonisten durch einen Schneesturm irren, dabei fast erfrieren und eine riesige Laterne, an unserem Faden befestigt, hinter uns herziehen, packt Unravel ungemein und möchte uns gar nicht mehr loslassen.

Das liegt aber auch an Yarny selber. Im ersten Moment könnte man meinen, dass eine Spielfigur, die komplett aus Wolle besteht, nicht in der Lage ist, Emotionen zu transportieren. Schließlich besitzt das kleine rote Männchen lediglich zwei kleine Augen, die aus weißen Fäden bestehen. Trotzdem sind Gefühle wie Freude, Angst und Trauer zu jedem Zeitpunkt deutlich zu erkennen. Wenn Yarny, die Hände fest um den eigenen Körper geschlungen, frierend, durchgenässt und mutterseelenallein durch den Regen stapft, möchten man ihn einfach nur in den Arm nehmen.

 

Der Tod als Beginn von etwas Neuem

Im späteren Handlungsverlauf werden die aufgeworfenen Themen zunehmend ernster und regen immer wieder zum Nachdenken an. Kritisiert werden beispielshalber die Verschmutzung der Umwelt und die Ausnutzung der Natur. So wird auch der Tod thematisiert, aber nicht nur angedeutet, sondern wir erleben ihn als Yarny hautnah mit. Wir wandern unter anderem durch einen Autofriedhof, der symbolisch für die allgemeine Vergänglichkeit steht und machen dabei eine schreckliche Entdeckung.

Entwickler Coldwood Interactive nutzt in Unravel immer wieder Metaphern, über die man sich im Laufe der Handlung erst einmal bewusst werden muss. So steht das Männchen aus Wolle sinnbildlich für sämtliche Bindungen und Freundschaften, die ein Mensch in seinem Leben knüpft sowie für alle Geschichten, die ein jeder erlebt hat.

Limbo lässt grüßen

Oberflächlich betrachtet erinnert Unravel an das Jump&Run Limbo von Entwickler Playdead, wenn auch in bunterer Form und die meiste Zeit deutlich weniger melancholisch. Auch in Sachen Spielmechanik lassen sich beide Titel im Großen und Ganzen gut miteinander vergleichen. Mal lösen wir einfache und mal kniffligere Rätsel, die sich in ihrem Aufbau allerdings recht schnell ähneln. Dabei ist unser einziges Hilfsmittel, wer hätte es gedacht, unser Wollfaden. Dieser lässt sich je nach Situation prima als Lasso, Kletterseil, Trampolin oder Brücke nutzen.

Knoten wir den Faden an zwei dafür vorgesehenen Punkten ordentlich fest, können wir nicht nur Gegenstände über Abgründe ziehen, sondern diese auch zu höher gelegenen Orten schleifen. Sind beide Ankerpunkte nicht allzu weit voneinander entfernt, nutzen wir das gespannte Seil als Trampolin, um uns in die Luft katapultieren zu lassen. Das geht gut von der Hand und macht tatsächlich jedes Mal wieder aufs neue Spaß.

Nach und nach werden die Rätsel, auf die wir treffen, allerdings immer kniffliger. Wer zu Beginn nicht ordentlich der Erklärung gelauscht hat, könnte in späteren Levelabschnitten Probleme bekommen. Im Grunde ähnelt sich die Mechanik der Rätsel aber nach kurzer Zeit, meist ändert sich lediglich die Umgebung.

Mit einem geübten Blick ist die Lösung so nie besonders weit entfernt. Ein wenig mehr Abwechslung aus Herausforderung hätte Unravel an dieser Stelle sicher gut getan. Aufpassen müsst ihr allerdings, dass sich Yarny nicht in Luft auflöst. Schließlich hinterlasst ihr zu jeder Zeit einen roten Faden, wodurch euer Körper immer dünner wird. Zwar gibt es immer wieder fair verteilte Checkpoints, an denen nicht nur das Spiel speichert, sondern auch neue Wolle auf euch wartet – diese wollen jedoch erst einmal erreicht werden. Wir haben es in unserem Test mehrfach geschafft, uns bei einem Rätsel so stark zu verknoten, dass keine Wolle mehr übrig war. Bei solchen Momenten heißt es dann sich zum letzten Checkpoint zurücksetzen zu lassen.

Zurücksetzten lassen mussten wir uns auch des Öfteren aufgrund von kleineren Bugs. Mal wollte Yarny die Lampe nicht weiter durch den Schnee ziehen und blieb einfach hängen, ein anderes Mal konnten wir unseren Faden plötzlich nicht mehr hinaufklettern. Recht oft sind wir zudem ertrunken, weil Yarny nicht auf uns hören wollte oder schlicht ein Stückchen weggeglitcht ist. Wasser kann unser Woll-Kumpel nämlich überhaupt nicht vertragen, fallen wir ins kühle Nass, sind wir schon nach wenigen Sekunden nur noch ein nasser Wollhaufen.

Die Sache mit den Knöpfen

Wer ein wenig mehr Herausforderung in dem Plattformer sucht, der kann sich in den einzelnen Kapiteln auf die Suche nach versteckten Knöpfen begeben. Diese sind meist entweder recht gut versteckt oder nur schwer zu erreichen. Eine wirkliche Belohnung beispielshalber in Form von kurzen Zwischensequenzen erwarten euch allerdings nicht.

Die perfekte Mischung

Unravel sieht einfach nur unfassbar gut aus. Selten haben wir ein solch hübsches Spiel gesehen, das mit seinem Grafikstil  so gut zu überzeugen weiß. In Kombination mit der Soundkulisse, die die jeweilige Stimmung zu jedem Zeitpunkt absolut perfekt untermalt, entstehen so immer wieder Momente, die einen wirklich in den Titel abtauchen lassen. Die Idee in Unravel nur einen einzigen langen Faden als Hilfsmittel nutzen zu können, ist auch in optischer Hinsicht äußerst gut gelungen. Bauen wir uns ein Trampolin, leuchtet der Wollfaden rot auf, im tiefsten Schneesturm friert dieser nach und nach mit ein und wenn wir uns eine komplexe Seilbrücke bauen, um Gegenstände von A nach B zu schieben, und wir überall nur noch rote Fäden hängen sehen, macht Unravel alles richtig.

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Unravel im Test

Fazit und Wertung von Patrik Hasberg

Patrik Hasberg

Schon während der E3 habe ich mich in Unravel verliebt. Nach rund acht Spielstunden kann ich nun mit Gewissheit sagen, dass mich der Puzzle-Plattformer zu keiner Zeit enttäuscht oder gelangweilt hat. Die Level sehen einfach nur unglaublich hübsch aus, Spielphysik und Steuerung funktionieren meistens ohne Probleme und der tolle Soundtrack trägt sein Übriges dazu bei. Besonders gut gefallen hat mir aber die Botschaft, die der Titel versucht zu überbringen. Coldwood thematisiert nicht nur lustige oder schöne Themen, sondern auch ernstere Dinge wie die Vergänglichkeit des Lebens.

Als einziger Kritikpunkt hätte ich mir ein wenig mehr Abwechslung und Herausforderung bei den Rätseln gewünscht. Nach den ersten Kapiteln nutzt sich das bekannte Prinzip schnell ab, Spaß macht das Lösen allerdings trotzdem zu jeder Zeit.

Pro

+Hübsche und abwechslungsreiche Level
+emotionale Geschichte
+sympathische Spielfigur
+tolle und passende Soundkulisse
+clevere Rätsel...

Contra

-...die aber insgesamt zu einfach sind
-kleinere Bugs stören immer mal wieder den Spielfluss
-Sammelobjekte bringen keinen Nutzen
Schreiberling, Spieleentdecker, praktizierender Perfektionist und Mann fürs Grobe. Außerdem laufender Freizeit-Hobbit, der Katzen liebt. – Hunde gehen auch. „Auch sonst eigentlich ganz ok“.
Unravel Puzzle-Platformer PC, PS4, Xbox One
PUBLISHER Electronic Arts
ENTWICKLER Coldwood
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