PLAYCENTRAL TESTS Marvel vs. Capcom 3

Marvel vs. Capcom 3: Crossover-Extravaganza vom Feinsten

Von Yannick Arnon - Test vom 09.03.2011 09:22 Uhr

'Ganz egal wie oft man die Welt rettet, sie schafft es immer wieder sich in Gefahr zu bringen. Sie sollte endlich einmal gerettet bleiben!', forderte schon Mr. Incredible in Pixars Animationsfilm "Die Unglaublichen". Die Heldenriege von Comicriese Marvel kann mit Sicherheit ein Lied davon singen, schließlich retten Iron Man, Captain America, Spider-Man & Co. den blauen Planeten seit über 70 Jahren vor kleinen und großen Gefahren. Doch wenn eine Bedrohung interdimensionale Ausmaße annimmt und der Fortbestand von gleich zwei Multiversen auf der Kippe steht, braucht selbst der mächtigste Superheld tatkräftige Unterstützung. In diesem Fall die Hilfe der Charaktere von Publisher Capcom, und damit heißt es: Willkommen zum Testbericht zu Marvel vs. Capcom 3: Fate of Two Worlds!

It's Mahvel, baybee

Schon zum Erscheinen der PS2- und XBOX-Umsetzungen von Marvel vs. Capcom 2 lief Capcoms Marvel-Lizenz aus, zu allem Überfluss wurde Marvel 2009 von Disney aufgekauft, was einen potentiellen Nachfolger in einem schier endlosen Lizenz-Nirvana verschwinden ließ. Zur allgemeinen Überraschung offenbarte Capcom vergangenes Jahr, dass das mittlerweile fünfte Crossover zwischen den beiden Entertainment-Giganten bereits seit 2008 in der Mache war und dass man das Spielsystem von Grund auf erneuern wolle. Schließlich ist Marvel vs. Capcom 2 bis heute berühmt berüchtigt für seinen unausgewogenenen Cast und die vielen Klon-Charaktere, die sich extrem ähnlich spielen. Trotz alledem (oder vielleicht auch gerade deswegen) erfreut sich die Download-Fassung auf Xbox LIVE Arcade und dem PlayStation Network beachtlicher Verkaufszahlen, da darf im Zuge der in den vergangenen Jahren losgetretenen Beat'em-Up-Renaissance auch ein neues Marvel vs. Capcom nicht fehlen. Nach gut einer Dekade Wartezeit treffen die Comicfiguren und Videospieleikonen wieder aufeinander, Capcom hat es verstanden mit den gezeigten Trailern noch einmal den Hype vorsorglich anzuheizen.

Review-01

Während des Zweiten Weltkriegs sollte Captain America US-Teenager zum Beitritt der Army bewegen. Jetzt kämpft er mit Street Fighter-Posterboy Ryu.

Insgesamt schlummern auf der Disc 36 spielbare Kämpfer, von denen vier erst freigeschaltet werden wollen. Zwar sind das ganze 20 Charaktere weniger als im Vorgänger, jedoch hat man sich bei der Auslese deutlich mehr Mühe gegeben als vor elf Jahren. Alteingediente Street Fighter-Haudegen wie Ryu und Chun-Li werden durch Fan-Favoriten wie Dämonenjäger Dante, Viewtiful Joe und Chris Redfield ergänzt, während Marvel-All-Stars wie Spider-Man und Wolverine Rückendeckung von Donnergott Thor, Deadpool und Jean Grey a.k.a. Phoenix bekommen. Gestrichen wurden Copy & Paste-Charaktere wie Ken Masters und War Machine zugunsten von Neueinsteigern wie Zero und X-23, die sich erfrischend abwechslungsreich spielen. Bei der bunten Zusammenstellung aus Helden, Schurken, Göttern, Dämonen und stinknormalen Menschen fällt es fast schon schwer, sich nur für drei Charaktere zu entscheiden, denn es wird traditionell in 3 on 3 Tag-Team-Matches gespielt. Das erlaubt eine Vielzahl an verschiedenen Kombinationen, dazu stehen pro Charakter drei verschiedene Assist-Typen zur Auswahl, die ebenfalls wichtige Rolle spielen.

Neues Spiel, neues Glück

Unterteilt werden die einzelnen Spielmodi in die Kategorien on- und offline, wer sich außerhalb des Netzwerks prügeln will hat die Wahl zwischen: dem Arcade Mode, einem Vs.-Mode gegen einen Mitspieler aus Fleisch und Blut, dem Mission Mode, mit dem ihr ähnlich den Trials aus (Super) Street Fighter IV vorgefertigte Combos pro Charakter üben könnt, sowie dem obligatorischen Trainings-Modus. Als kostenloser DLC wurde auch der Shadow Mode nachgeschoben, in dem die KI die Charakterpräferenzen und Spielweise von Mitgliedern des Dev-Teams und internationalen Beat’em-Up-Experten imitiert. Bei vorhandener Internetverbindung kann auch online nach Kontrahenten gesucht werden, wie in Super Street Fighter IV gibt es Ranglistenkämpfe, Player Matches und Lobbies für bis zu acht Spieler. Im Vergleich zum Beat’em-Up aus dem selben Hause fehlen ein Tournament Mode und die Replay-Funktion, noch dazu könnt ihr bei Duellen in den Lobbies aus technischen Gründen den laufenden Kampf nicht mitansehen, sondern bekommt eine Animation der Visitenkarten der beiden Kontrahenten zu sehen. Ziemlich langweilig, wenn ihr euch ganz am Ende der Liste befindet. Diese virtuellen Ausweise halten euren bisherigen Kampfverlauf fest, außerdem können bevorzugte Teams abgespeichert und auf dem Charakterauswahlbildschirm mit einem Druck auf LB fix geladen werden.

Review-02

"Wo steckt nur Parker? Er sollte doch Fotos von Spider-Man machen!"

Street Fighter-geschult das Pad in die Hand zu nehmen und sofort loszulegen ist nicht drin, denn die Steuerung basiert auf der Handhabung von Tatsunoko vs. Capcom für die Wii. Anstatt Schläge und Tritte auf separate Knöpfe zu verteilen, hat man sich für drei universelle Angriffsbuttons in den Ausführungen leicht, mittel und hart entschieden. Dazu kommt noch ein Special-Button, der bei manchen Moves Anwendung findet und mit dem ihr Gegner in die Luft schleudert. Die Tasten LB und RB werden euren Partnern zugeteilt, beim einfachen Antippen führt der jeweilige Kämpfer einen Assist Move aus, haltet ihr die Taste gedrückt, wird der entsprechende Charakter eingewechselt. Mit den Assists lassen sich Combos verlängern und Extraschaden anrichten, doch unüberlegtes Rufen des Assistenten kann zu einem frühzeitigen Knockout führen, da euer Partner eurem Kontrahenten kurze Zeit schutzlos gegenübersteht. Daher ist Vorsicht beim Einsatz der Assists geboten, sonst wird euer Dreiergespann in Sekundenschnelle dezimiert. Selbst Anfänger sollten einen großen Bogen um den optionalen Simple Mode machen, denn dieser dünnt die Movesets des Teams aus und reduziert das Gameplay auf stupides Rumgemashe.

König der Kampfspiele oder nur ein Hinterhofschläger?

Nach dem Vertrautmachen mit der Steuerung gilt es die verschiedenen Features der Spielengine zu verinnerlichen, denn wer auf lange Zeit erfolgreich sein will, muss die fast schon essentiellen Air Combos, Delayed Hyper Combos und Crossover Counter meistern. Mit dem A-Knopf führt euer Charakter einen Launcher aus, der wenn er trifft die gegnerische Figur in die Luft befördert. Mit einem Sprung nehmt ihr die Verfolgung auf und könnt oben mit weiteren Hieben und Tritten nachsetzen, zusätzlich könnt ihr beim Betätigen von A und einer Richtungseingabe euren Kämpfer auswechseln und seinen Platz von einem eurer Partner einnehmen lassen, der dann die Combo weiterführt während die vorherige Figur einen Teil ihrer verlorenen Energie regenerieren darf. Neu in Marvel vs. Capcom 3 ist die X-Factor-Fähigkeit, die in brenzligen Situationen aktiviert werden sollte. Sobald X-Factor aktiviert wird, bekommen Attribute wie Stärke, Widerstandsfähigkeit und Geschwindigkeit einen spürbaren Boost. Die Stärke dieses Pushs hängt davon ab, wieviele eurer Recken noch im Rennen sind. Bei nur noch einem Charakter im Spiel kann X-Factor eine echte Comeback-Granate werden, im Bestfall nehmt ihr gleich alle drei Kämpfer eures Gegners auseinander.

Review-03

Bürgermeister und Ex-Wrestler Mike Haggar ist sich nicht zu fein dafür, Probleme beim Schopf zu packen und mit einem Piledriver aus der Welt zu schaffen.

Die Balance hat sich von Marvel vs. Capcom 2 zu Marvel vs. Capcom 3 deutlich verbessert, wobei das keine große Kunst sein dürfte. Trotzdem fühlen sich manche Charaktere etwas übermächtig an, der Roboter Sentinel kann zum Beispiel im Alleingang ganze Teams ausschalten und Trios bestehend aus Magneto, Storm und Dormammu werden online oft zum Spammen von Projektil- und Energieangriffen benutzt. Ihr solltet also möglichst früh lernen mit solchen "Strategien" umzugehen, ansonsten werden einige Matches über Xbox LIVE ziemlich trostlos und frustrierend werden. Der Netcode ist den Erwartungen entsprechend gut ausgefallen, die meißten Kämpfe laufen butterweich und ohne nennenswerte Lags, abgesehen von Matches gegen Herausforderer aus Fernost, u.a. Japan. Um eure Spielweise an variierende Verbindungsraten anzupassen, hat Capcom dem Trainingsmodus ein kurioses Feature spendiert: den Lag-Simulator. Während der Übungssession habt ihr die Möglichkeit in den Optionen die Latenz für das Match einzustellen, sodass man sich an Eingabeverzögerung und Ruckler gewöhnen kann. Allzu viel genutzt dürfte dieses Feature nicht werden, auf jeden Fall ist es eine nette Dreingabe.

Jill-Sandwiches kosten extra

Bei zwei Entertainment-Größen wie Marvel und Capcom sowie dem somit entstehenden Potenzial erwartet man natürlich, dass Marvel vs. Capcom 3 ordentlich in Sachen Story auftischt. Dem ist ernüchternderweise nicht so, in dieser Hinsicht versagt das Spiel fast vollständig, und das trotz der Beteiligung von Mark Tieri, einem bekannten Autor von Marvel. Eine detaillierte Erklärung für die Dimensionsverschmelzung bleibt Capcom uns schuldig, außerdem hat man es versäumt einen Epilog miteinzubringen. Die statischen Endsequenzen in Comicbuchform können das hohe Niveau der Trailer nicht halten und bieten, abgesehen von zahlreichen Cameos beider Unternehmen, wenig Anreiz um Bossgegner Galactus mit allen 36 Charakteren in die Knie zu zwingen. Ansonsten gibt es an der Präsentation nichts zu beanstanden. Die 2D-Sprites wurden gegen 3D-Charaktermodelle ausgetauscht, als Grafikengine kommt die hauseigene MT Framework-Engine zum Einsatz. Kombiniert mit den genialen Shader-Effekten hat man den Comic-Look perfekt getroffen, Arenen und Spielfiguren sind eine wahre Augenweide. Auch bei der Sprachausgabe hat man Qualitätsarbeit geleistet, viele Sprecher haben den Charakteren schon in anderen Spielen oder Zeichentrickserien ihre Stimme geliehen. Als Sahnehäubchen kommen noch die satten Soundeffekte und diverse Kleinigkeiten dazu. Die Kämpfer nennen sich beim Taggen gegenseitig beim Namen und einige der Kampfintros und Siegessprüche wurden für bestimmte Kombinationen personalisiert, das freut den Fan. Spätestens wenn Deadpool dem Gegner seine Energieleiste überzieht, kann man sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.

Review-04

"Healthbar in your face!" Deadpool hat ein paar schmutzige Tricks auf Lager, außerdem kann er moonwalken und die vierte Wand durchbrechen.

Auch wenn es sich um ein Beat’em-Up handelt, gibt es doch recht wenig Vielfalt an Spielmodi. Survival- und Time-Attack-Modi gibt es keine, dafür eine üppige Galerie mit Artwork, Biografien und einem Soundtest, in dem ihr euch Sprüche der Charaktere und ihre Themes anhören könnt. Dass es nur sieben Arenen gibt, lässt sich verschmerzen, da Stages wie das Biowaffenlabor aus Resident Evil 5 oder Thors Heimat Asgard fantastisch aussehen und einen atemeraubend hohen Detailgrad besitzen. Rügen darf man Capcom jedoch für die Preispolitik, denn kostenpflichtiger DLC wurde bei der Entwicklung mit eingeplant. Zwar sind Spielereien wie alternative Kostüme verschmerzbar, doch Charaktere sollten nicht als Zusatzinhalte gegen Bezahlung angeboten werden. Besonders was die Turnierfähigkeit eines Beat’em-Ups angeht, sollten alle Käufer Zugriff auf alle Kämpfer ohne zusätzliche Kosten haben. Wer mit Jill Valentine und Shuma-Gorath die Fäuste bzw. die Tentakel fliegen lassen will, muss noch einmal ca. 10€ zusätzlich zum Preis des Spiels locker machen. Das dürfte euch aber nicht daran hindern mit der normalen Kaufversion von Marvel vs. Capcom 3: Fate of Two Worlds glücklich zu werden.

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Marvel vs. Capcom 3 im Test

Fazit und Wertung von Yannick Arnon

Fazit:

10 Jahre haben die Fans nach diesem Spiel verlangt, kann es die Erwartungen erfüllen? Ich denke schon. Die Generalüberholung hat der Reihe gut getan, bei allem Retro-Charme der Sprites haben die neuen Charaktermodelle ganz klar die Nase vorn. Die Änderungen am Gameplay kann man als Fluch oder Segen ansehen, doch mit ein, zwei Stunden Eingewöhnungszeit hat man sich an die neue Steuerung gewohnt und pfeffert dem Gegner schmerzhafte Combos um die Ohren – das klappt sogar ohne Simple Mode wunderbar. Auch die Entschlackung beim Roster hat dem Spiel gut getan, diesmal heißt das Motto "Klasse statt Masse". In die endgültige Auswahl hat es ein gutes Dutzend meiner Favoriten von beiden Seiten geschafft, ich werde noch einige Zeit mit dem Üben von Moves und Combos verbringen.

Es lässt sich nicht leugnen, dass Marvel vs. Capcom 3 in erster Linie eine breite Masse an Hardcore-Fans bedienen soll, die sich dieses Sequel gewünscht haben. Für Street Fighter-Fans und Anfänger kann das Spiel etwas abschreckend wirken, da auf dem Bildschirm eine Menge Action abgeht und man bei dem Effektgewitter bemüht ist, nicht der süßen Umarmung eines epileptischen Anfalls zu erliegen. Wenn Capcom selbst im Pressetext von "Over-The-Top-Gameplay" spricht, darf man sich auf einiges gefasst machen. Darüber hinaus kann der Comic-Prügler nicht mit Super Street Fighter IV mithalten, das einfach geschliffener wirkt und über den besseren Multiplayer verfügt. Aber genug lamentiert, Marvel vs. Capcom 3: Fate of Two Worlds bleibt ein großartiges Revival eines Beat’em-Up-Evergreens, dessen Titel sich mit Recht zu FTW abkürzt. Wer gerne Comics von Marvel liest und mit Freuden virtuell in den Ring steigt, sollte auf jeden Fall zugreifen, auch allen anderen ist ein Probespiel zu empfehlen.

Geschrieben von Yannick Arnon

Pro

+36 Kämpfer
+fantastischer Look
+läuft on- und offline sehr flüssig
+überarbeitetes Gameplay
+relativ gut ausbalanciert...

Contra

-...ein paar unfaire Teamaufstellungen sind trotzdem möglich
-Story ist fast nicht vorhanden
-zu Beginn hektisch und unübersichtlich
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