PLAYCENTRAL TESTS Kingdom Come: Deliverance

Kingdom Come: Deliverance: Realismus um jeden Preis?

Von Olaf Bleich - Test vom 19.02.2018 09:20 Uhr

Wie realistisch kann ein Rollenspiel sein und wie viel Authentizität macht überhaupt Spaß? Kingdom Come: Deliverance balanciert auf einem schmalen Grat und liefert ein mutiges, aber nicht immer fehlerfreies Mittelaltererlebnis.

Wie viel Realismus ist wirklich im Spiel?

Für dieses ambitionierte Unterfangen holte sich das Team finanzielle Unterstützung über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter bei den Fans. Über 35.000 Unterstützer warfen schließlich über 1,2 Millionen Euro in den virtuellen Klingelbeutel. Vier Jahre nach Beendigung der Kampagne hagelt es nicht nur im Vorfeld Rassismus-Vorwürfe gegen Studio-Chef Daniel Vávra, sondern auch an dem Spiel selbst. So realistisch wie zunächst angenommen, ist Kingdom Come: Deliverance nämlich gar nicht, geht dafür aber einen gänzlich anderen Weg als die meisten Rollenspiel.

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Die Spielwelt

Kingdom Come: Deliverance spielt im Böhmen des 15. Jahrhunderts. Es startet in dem kleinen Dorf Skalitz, wo Heinrich und seine Familie leben. Heinrichs Vater arbeitet als Schmied, während sich seine Mutter um das Haus kümmert. Das Frauenbild erscheint über die Spielzeit authentisch: Viele „Weibsbilder“ dienen für die Männer vor allem als Lustobjekt, zugleich gibt es aber gerade im Adel auch einige Damen, die mehr Einfluss besitzen. Trotzdem darf hier niemand das starke Frauenbild eines Horizon: Zero Dawn oder Tomb Raider erwarten.

Warhorses Rollenspiel lässt sich bereits im Prolog viel Zeit. Behutsam baut das Spiel seine Welt auf, gibt euch Momente, um euch umzuschauen und integriert bereits die ersten Tutorials – etwa für den Faustkampf. Zugleich bekommt Heinrich ein wenig Kontur als freundlicher Taugenichts, der lieber seine Zeit mit Freunden oder der hübschen Bianca verbringt, als seinem Vater zu helfen.

Als dann das Heer der Kumanen über Skalitz hereinbricht, entflammt das pure Chaos. Heinrich entkommt, doch Freunde und Familie fallen den Attacken zum Opfer. Danach breitet Kingdom Come: Deliverance seine Spielwelt vor euch aus. Das Spiel verzichtet auf Fantasy-Firlefanz und präsentiert Böhmen dank der Cryengine von seinen schönsten und schaurigsten Seiten. Besonders hervorzuheben sind an dieser Stelle die festen Tagesabläufe sämtlicher Lebewesen. Tagsüber stehen Menschen auf dem Marktplatz, Nachts treiben sie sich in der örtlichen Taverne herum und später schlummern sie in ihren Betten. Die Spielwelt wirkt tatsächlich lebendig und sieht obendrein auch noch ausgezeichnet aus.

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Der Held

Doch so wirklich genießen werdet ihr Kingdom Come: Deliverance erst nach etlichen Stunden. Nach der Beendigung des Prologs und der anschließenden Ankunft in Rattay verdonnert euch das Spiel nämlich zur Regelkunde des eigenen Universums und sorgt damit immer wieder für Frustmomente. Allein das Speichersystem macht es euch unnötig schwer: Freies Abspeichern ist nur mit Hilfe des Retterschnapses möglich. Zwar habt ihr drei Kurze im Inventar, aber drei Mal abspeichern bei einer Spielsession von mehreren Stunden ist für ein RPG problematisch. Noch schlimmer: Die Schnäpse kosten extrem viel und so könnt ihr sie euch zu Beginn nicht leisten. Das wiederum sorgt für merkwürdige Zwischenlösungen. Ihr übernachtet etwa erst im örtlichen Wirtshaus ehe ihr die nächste Mission angeht. Wirklich realistisch ist das System ohnehin nicht. Es macht es einem nur schwerer.

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Zudem simuliert Kingdom Come: Deliverance Heinrichs Unerfahrenheit. Die ersten Versuche mit Pfeil und Bogen sind Glückssache und Schlösserknacken reine Materialverschwendung von erneut extrem kostbaren Gegenständen. Warhorse opfert gerade in der Anfangsphase Spielspaß für den vermeintlich hohen Authentizitätsgrad. Und so macht ihr im Verlauf gerne mal zwei Schritte vor und wieder einen zurück. Das Kampfsystem aus der Ego-Perspektive passt in das Gesamtkunstwerk: Aufgrund des wackeligen Auto-Fokus fällt das Anvisieren schwer, trotzdem bieten die Auseinandersetzungen mit Paraden und Ausweichmanöver sehr viel Tiefe. Wer sich einarbeitet, der erlebt befriedigende Erfolgserlebnisse. Alle anderen bleiben aber auf der Strecke.

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Dazu besitzt Heinrich geradezu menschliche Bedürfnisse: Mit der Zeit bekommt er Hunger und wird müde. Behandelt ihr blutende Verletzungen nicht, geht er daran zu Grunde. Und selbst Körperhygiene spielt eine gewisse Rolle innerhalb der Dialoge. Seid ihr schmutzig, verliert ihr Respekt beim Adel. Blut auf der Kleidung flößt dagegen Respekt bei Bauern ein und hilft beim Überreden. Grundsätzlich sind diese Überlebenselemente kalkulierbarer als viele andere Bestandteile in Kingdom Come: Deliverance. Dadurch unterfüttern sie den Anspruch und passen gut zum gesamten Setting. Andere Dinge müsst ihr euch selbst zusammen reimen, wie etwa dass Nahrung mit der Zeit schlecht wird und danach Heinrich vergiftet.

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Seit über 20 Jahren Spielejournalist, der sich in Polen die Hand gebrochen und trotzdem weiter Artikel geschrieben hat. Videospielgeschmack mäandert zwischen Shootern, Spaß und Stardew Valley – abgesehen davon besitzt er eine obskure Vorliebe für Wrestling.
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