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Nintendo Switch Online: Ein halbes Jahr später: Immer noch ein Witz?

Von Wladislav Sidorov - Kolumne vom 16.03.2019 16:44 Uhr
© Nintendo

Vor rund einem halben Jahr startete der kostenpflichtige Service „Nintendo Switch Online“, der von den Abonnenten schon im Rahmen der Ankündigung mehrfach kritisiert wurde. Schon damals war ich der Ansicht, dass es keinen Sinn ergibt, für das Angebot überhaupt auch nur einen Cent zu verlangen. Sechs Monate später frage ich mich: Hat sich irgendetwas verändert? Wurde „Nintendo Switch Online“ in der Zeit besser? Lohnt es sich inzwischen, jährlich zwanzig Euro zu bezahlen?

Ein Kommentar von Wladislav Sidorov

Mit Nintendo Switch Online verlangt seit September letzten Jahres auch der letzte große Konsolenhersteller Geld für seinen Online-Multiplayer. Ausgerechnet Nintendo, das noch nie für seine außerordentlichen Online-Funktionen bekannt war, möchte nun einen Obolus für eine Dienstleistung, die nicht einmal als solche deklariert werden dürfte.

Es stellt sich die Frage, ob die vor dem Start anderthalb Jahre lang währende Skepsis gerechtfertigt war. Immerhin muss jeder, der in den klassischen Nintendo-Titeln (Free-2-Play-Titel benötigen grundsätzlich kein Abo) online unterwegs sein möchte, fortan zwanzig Euro jährlich berappen. Lohnen sich diese überhaupt? Hat sich der Service irgendwie weiterentwickelt? Bin ich immer noch der Meinung, dass die gesamte Initiative einem Witz gleicht?

Kurzum: Ja.

Was macht Nintendo mit dem Geld?

Natürlich, natürlich, für „Nintendo Switch Online“ muss man nur zwanzig Euro bezahlen, im Familienabonnement sind es noch einmal deutlich weniger. Währenddessen kosten die kostenpflichtigen Multiplayer-Dienste von Sony und Microsoft beide stolze sechzig Euro.

Bei der Konkurrenz sind wir sowas schon gewohnt, spätestens seit der aktuellen Konsolengeneration. Bei Nintendo ist es anders, hier war bis zur Einführung immer alles kostenlos. Damit konnte man sich gewissermaßen einverstanden erklären, denn schließlich bekam man ja auch nie etwas zurück. Es gab abseits des eingestellten Miiverse nie großartige Community-Funktionen, es gab nie einen guten Online-Shop, es gab nie flächendeckend dedizierte Server, es gab nie ein gutes Matchmaking-System, es gab nie einen guten Anticheat – es gab nie etwas, wofür es sich zu zahlen gelohnt hätte.

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Ich habe deshalb bis zuletzt gehofft, dass Nintendo sein frisch erlangtes Kapital dazu nutzen würde, die Online-Erfahrung zu verbessern. Aber daraus wurde nichts, es ist nichts geschehen. Alles, was Nintendo in diesem Moment anbietet, entspricht einem Standard von vor zwei Generationen.

Die fehlende Kommunikation

Werfen wir doch zuerst einen Blick auf die sagenumwobene „Nintendo Switch Online“-App, die von Nintendo als die ultimative Lösung vorgestellt wurde – die App, die „unser Spielerlebnis erweitern“ soll. Hey, warte, es hat sich auch hier nichts geändert.

Noch immer sind wir auf diese App angewiesen, um mit unseren Freunden zu kommunizieren, sprich, im Voice-Chat unterwegs zu sein. Und ja, das bedeutet, ich muss tatsächlich immer noch mein Handy neben mich legen, das Spiel starten, in eine Lobby gehen, um dann irgendwie mit meinen Freunden auf der Konsole zu reden. Schreiben kann ich ihnen ja ohnehin nicht, denn schließlich wird einem eine solche Option an keiner Stelle angeboten.

Die Nintendo Switch selbst ist immer noch so nackt wie vor zwei Jahren. Die Freundesliste erfüllt keinen Zweck, ich kann Freunde nicht anschreiben, ich kann sie nicht über die Konsole zu einem Spiel einladen. Ich kann nicht mit ihnen reden, ihnen eine Kontaktmöglichkeit unterbreiten – das geht alles nicht. Selbst wenn ich mit einer Person den Voice-Chat der Nintendo Switch nutzen wollen würde, wie weise ich sie bitteschön darauf hin? Wie teile ich der Person mit, dass ich gerade Lust auf ein Gespräch hätte? Gar nicht, es geht nicht, es geht einfach nicht. Da nutze ich doch lieber eine externe App wie Discord.

Aber ganz egal ob ich jetzt den Voice-Chat der App oder von Discord nutze, unkomfortabel bleibt die Sache ohnehin. Ich kann nämlich nicht gleichzeitig dem Spiel zuhören und mit meinen Freunden reden, denn dafür müsste ich mir einen speziellen Adapter kaufen, um beide Tonquellen miteinander zu verbinden. Der Witz ist, dass der Voice-Chat sehr wohl direkt über die Konsole funktioniert! Denn genau das schafft Fortnite bereits seit Sommer letzten Jahres und es funktioniert bestens! Wieso nicht in Nintendos eigenen Spielen, verdammt nochmal?

So oder so, welchen Sinn und Zweck erfüllt die „Nintendo Switch Online“-App überhaupt, nachdem sich bis jetzt nichts geändert hat? Hier ist keine Freundesliste eingebaut, nicht einmal ein Zugriff auf den eShop. Stattdessen erhalte ich weiterhin ausschließlich Zugriff auf den Voice-Chat und „besondere Funktionen für kompatible Spiele“. Diese „kompatiblen Spiele“, übrigens im Plural geschrieben, sind gerade…immer noch nur ein einziges Spiel: Splatoon 2.

Ich zahle für den Multiplayer, warum ist der also nicht gut?

Natürlich hole ich mir „Nintendo Switch Online“ nicht aufgrund einer grauenhaften Smartphone-App, sondern um online mit meinen Freunden zu spielen. Gut, hat sich denn hier zumindest an den Spielen etwas verändert? Spoiler: Nein. Manche würden sogar behaupten, dass sich die Situation im Laufe der letzten Monate verschlechterte.

Kompetitive Titel wie „Splatoon 2″ verfügen weiterhin nicht über dedizierte Server. In dem Spiel ist man noch immer an merkwürdige zeitliche Limitierungen gebunden. Man kann die Freunde im Turfwar noch immer nicht zu einer Lobby einladen. Der Netcode ist und bleibt schlecht. Aber hey, aufgrund gehackter Konsolen gibt es so viele Cheater wie noch nie zuvor.

Selbst „Splatoon“-Profis sind nicht zufrieden, wie uns Vertreter eines deutschen Teams erklärten:

„Andere Konsolen sind definitiv im Voraus, wie zum Beispiel die PlayStation 4. Da muss man zwar viel mehr für bezahlen, hat aber immerhin einen vernünftigen Online-Service. Peer-to-Peer ist ein massives Problem, denn es gibt nicht ohne Grund kaum noch Online-Spiele, bei denen das benutzt wird. Im kompetitiven Bereich ist das am schlimmsten, denn hier kann jeder Lag entscheidend sein.

Es kommt sehr häufig vor, dass Spieler im Competitive anfangen zu laggen und das regt einen auf. Wenn du ein präzises Play machen willst, dann wird das sehr nervig. Server wären von Vorteil.

Und ganz ehrlich: Der Voice-Chat in der App ist Müll. Den kann man gleich weglassen. Und wenn ich für Nintendo Switch Online zahle, kriege ich…Retrospiele. Das ist der einzige Vorteil, den man als Kunde bekommt. Aber der Service ist ansonsten genau wie vorher. Ich dachte, sie würden Server zur Verfügung stellen und den Online-Multiplayer besser machen, aber bislang ist noch nichts passiert. Nichts, absolut nichts.“

Ja, aber… „kostenlose“ Spiele!

Das deutsche Team hat es bereits angesprochen, mit „Nintendo Switch Online“ bekommt man NES-Spiele von vor dreißig Jahren im Stile einer Netflix-Sammlung noch einmal aufgetischt. Viele der Spiele haben wir bereits in früheren Konsolengenerationen als Teil der „Virtual Console“-Sammlung gekauft, doch bekanntlich wurden uns die Käufe nie angerechnet.

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Drei Spiele, von denen wir teilweise noch nie etwas gehört haben, werden seit September der Bibliothek hinzugefügt. In den vergangenen Monaten sank die Zahl sogar auf lediglich zwei Titel, weil eines jeweils nie lokalisiert wurde. Nicht nur, dass uns jahrzehnte alte Spiele als Luxus präsentiert werden, das monatliche zusätzliche Angebot sank sogar. Wie ist das bitte möglich?

Was ist mit den Cloud-Spielständen? Und dem eShop?

Alles wie vorher. Noch immer sind die Cloud-Spielstände nicht für wirklich alle Spiele freigeschaltet. Titel wie „Splatoon 2″ (ein Online-Spiel!) können überhaupt nicht abgesichert werden. Eine lokale Speicherung auf einen USB-Stick ist weiterhin nicht möglich. Kurzgesagt: Es hat sich, man mag es ahnen, nichts geändert.

Oh und der Nintendo eShop? Auch der hat sich kaum gewandelt und ist aufgrund der gigantischen Anzahl täglicher Releases unfassbar unübersichtlich, anstrengend zu bedienen und beginnt sogar an zu laggen, wenn die Internetverbindung mal schlecht sein sollte.

Ein Lichtblick: Tetris 99

Besondere Angebote gab es nicht, dafür aber vollkommen überteuerte NES-Controller. Yay. Einen Lichtblick gab es in all der Zeit dennoch, nämlich die exklusiv für Mitglieder gedachte und kostenlose Veröffentlichung von Tetris 99  einer kurios anmutenden, aber extrem spannenden Kombination aus klassischem Tetris und Battle Royale.

Tatsächlich ist Tetris 99 bislang der einzige Grund, um „Nintendo Switch Online“ zu abonnieren. Das klingt schon traurig und irgendwie ist es das auch, denn grundsätzlich ändert sich am Hauptproblem nichts: Dem Online-System. Denn das ist nicht besser geworden. Ganz und gar nicht.

Nintendo hat innerhalb von sechs Monaten mit den Abermillionen Euro, die sie mit ihrem Abonnement verdienten, nichts am „Online“ in „Nintendo Switch Online“ verändert. Nichts verbessert. Nichts ausgebaut. Eine Schande.

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