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Pokémon: Die Ersten sind immer die Besten

Von Wladislav Sidorov - Kolumne vom 25.02.2018 18:12 Uhr

Rot, Blau und Gelb sind die besten Editionen. Immerhin sind auch nur die originalen 151 Monster wahre Pokémon, alles danach ist einfach nur einfallslos und langweilig. Den Entwicklern fällt schließlich gar nichts mehr ein.

Das ist die Meinung vieler Fans, die ihre Nostalgiebrille niemals ablegen werden: Die besten Editionen sind die, die man selbst zuerst gespielt hat, alles andere ist Müll. Das trifft längst nicht nur auf Pokémon zu, ist bei Nintendos Rollenspielserie aber besonders offensichtlich. Doch warum ist das eigentlich so?

Das Jahr 1999 war für viele Spieler der Start einer neuen Zeitrechnung: Pokémon Rot und Blau erschienen erstmals in Europa, drei Jahre nach ihrem unfassbaren Einstand in Japan. Der Siegeszug der Taschenmonster nahm schnell seinen Lauf, heute gilt Pokémon als die erfolgreichste Medienmarke der Welt – vor Star Wars, Harry Potter und Super Mario. Die Reihe wird geliebt, gehasst, ist aber dennoch unsterblich. Man kriegt sie einfach nicht tot.

Fast jeder Gamer wird in seinem Leben mindestens ein Pokémon-Spiel in den Händen gehalten haben. Vielen wurden Videospiele erst damit nähergebracht. Kein Wunder, immerhin ist die Reihe bis heute wahnsinnig einsteigerfreundlich, egal in welcher Generation man sich befindet: Sprich mit dem Professor, wähle deinen Starter, sammle acht Arenaorden, werde Pokémon-Meister, fertig. Die Grundsäulen der Reihe haben sich nach mehr als zwanzig Jahren nie verändert, wer spät einsteigt, erlebt dasselbe wie all die Veteranen.

Die Basis für all den Erfolg bleiben aber Rot und Blau, die Pioniere einer ganzen Marke. Mit ihrem suchterregenden Spielprinzip, ihrer sozialen Komponente, dem natürlichen Drang des Sammeltriebs und bis heute zeitlosen Design gelten sie noch immer als das Nonplusultra. Obwohl die Reihe de facto immer besser wurde, viele alte Probleme behob und neue Dinge ausprobierte, reagieren alte Hasen argwöhnisch auf die neueren Teile: Einfallslos, langweilig und eigentlich ist alles schlechter.

Das Klammern an die Vergangenheit

Unter all denen, die Pokémon auch heute noch lieben und spielen, werden solche Menschen deshalb gerne auch „Genwunner“ genannt. Es sind solche, die sich fest an das klammern, was sie früher geliebt haben und nicht übertroffen werden kann: Rot und Blau, vielleicht noch Gold und Silber, aber alles nach Rubin und Saphir war definitiv doof. 

Die originalen 151 Pokémon sind für viele deshalb das, was sie kennen, womit sie aufgewachsen sind und von dem sie sich niemals trennen wollen. Man hält sie für die besten Designs aller bisherigen Monster, denn alles, was danach kam, sehe einfach hässlich und „zu sehr nach Digimon“ aus. Schaut euch alleine die Starter an! Glumanda, Bisasam und Schiggy waren noch super! Blickt man auf Sonne und Mond, sieht man eine Eule namens Bauz, die Katze Flamiau und den Seehund Robball. Wie einfallslos!

Ohnehin scheinen viele der „Genwunner“ nicht am Spiel selbst interessiert zu sein, an der Weiterentwicklung der Geschichte, des Spielprinzips und der Welt, wie man es bei anderen Videospielserien tun würde. Das Einzige, was zählt, sind die namensgebenden Charaktere: Die Pokémon. Eine Edition ist nur so gut, wie es die Wesen sind. Die Qualität wird nicht am Spiel, sondern an den aberwitzig vielen kleinen Monstern gemessen.

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Eine Nostalgiebrille ohne Konstruktivität

Die Nostalgiebrille ist dabei besonders entscheidend, denn grundsätzlich war früher alles besser, gerade in Rot und Blau! Die Story war noch spannend (es gab so gut wie keine), die Pokémon waren noch einfallsreich (warum ein Seestern einfallsreicher sein soll, als ein als Sandburg getarnter Geist, ist unklar), die Charaktere waren noch cool (außer Gary und Giovanni gab es niemanden von Relevanz), die Spielwelt noch kreativ (jede Stadt und Route sah genau gleich aus) und das Gameplay ausgereifter und flüssiger (von den unglaublich vielen Bugs und Glitches mal abgesehen).

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So oder so scheinen sich viele der Leute, die nur die Originale gespielt haben, nie konstruktiv mit den Nachfolgern auseinandergesetzt zu haben. Viele wesentliche Änderungen scheinen komplett ignoriert zu werden: Die Einführung von Eiern, Shinys und des Tag-Nacht-Systems in Gold und Silber war revolutionär. Die Turbotreter und vielen unterschiedlichen Biome in Rubin und Saphir hauchten Leben in die bislang triste Welt ein. Die epische Relevanz der legendären Monster und die umfangreiche Nachgeschichte in Diamant und Perl sorgte für unglaublichen Umfang. Die Story von Schwarz und Weiß ist die mit Abstand beste der Reihe. Die Einführung von Mega-Pokémon wirbelte X und Y ordentlich um. Und Sonne und Mond entfernten den nervigen Zweck der VM, schmissen das altbackene Arenakonzept um und setzten auf ein (zugegebenermaßen nerviges) cinematisches Erlebnis.

Vielen ist das egal. Wer die Geschichte von Pokémon Schwarz und Weiß lobt, bekommt vor allem eines an den Kopf geworfen: „Schau dir doch mal das Müll-Pokémon Unratütox oder das Eiscreme-Pokémon Gelatini an, das ist doch kein richtiges Pokémon mehr!“ Was ein richtiges Pokémon überhaupt sein soll, wissen die Dauerbeschwerenden selbst nicht. Wer sich über die Komfortverbesserungen in Sonne und Mond freut, darf zu hören bekommen, dass „die Spiele immer leichter werden“, als ob Pokémon jemals schwierig gewesen wäre. 

Wie soll man da bitte noch diskutieren?

Fehler, Lektionen und Verbesserungen

Sicherlich, auch die neuen Editionen machen Fehler: Die Mega-Pokémon aus X und Y stellten sich als Fehlgriff heraus, die unfassbar träge und öde Anfangssequenz von Sonne und Mond versetzt langjährige Fans in Rage und Schwarz und Weiß wirkte in vielerlei Hinsicht uninspiriert, obwohl man es gar nicht war. Doch kann man sein sinkendes Interesse wirklich darauf setzen, dass „früher alles besser war“?

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Fakt ist, dass die neuesten Pokémon-Editionen in vielerlei Hinsicht deutlich besser sind als ihre Vorgänger. Das gesamte Spielprinzip wirkt abgerundeter, die Erzählung ausgereifter, die Lore tiefer, die Hintergrundinformationen zu den Pokémon sind vielfältiger und kreativer, der grafische Stil sorgt für mehr Details in der Welt.

Früher war alles besser

Ein wesentliches Merkmal bleibt aber: Die Editionen, mit denen man damals angefangen hat, bleiben immer am längsten im Gedächtnis. Wer mit Rot und Blau startete, wird mit diesen besonders viel verbinden. Wer seinen Einstand in Rubin und Saphir feierte, wird auf die Epik der dritten Generation schwören. Wer in Diamant und Perl sein Debüt gab, kann sich bis heute an alles erinnern. Für jeden Einzelnen war der wesentliche Anfang der Beginn von etwas ganz Großem: Seiner eigenen Beziehung zu Pokémon.

Millionen Spieler haben nur Rot und Blau gespielt, kennen nur die ersten 151 Monster und wollten sich danach nicht mehr mit der Reihe beschäftigen – doch muss man dann wirklich überall herumposaunen, dass alles danach Müll war? Nur, weil man selbst vielleicht herausgewachsen und gereift ist? Muss man dann wirklich jedem anderen den Spaß verderben?

Das Spruchwort „früher war alles besser“ kommt nicht von irgendwo. Es ist der Ausdruck für einen natürlichen Drang des Menschen, seine Vergangenheit für besser zu empfinden, als sie wirklich war. Die Verdrängungskultur sorgt dann dafür, dass man jegliche Objektivität verliert und sich verzweifelt an das klammert, was man selbst als toll empfunden hat – und das muss mit aller Härte verteidigt werden.

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Es ist halt so!

Die „Genwunner“ befinden sich stets auf dem hohen Ross und wissen eh alles besser. Wer Rot und Blau (zurecht!) für vieles kritisiert, darf direkt hören, dass man doch keine Ahnung hätte. Schließlich waren diese Leute damals ja auch dabei und natürlich muss es so gewesen sein, denn man empfindet es ja so und dann muss es natürlich auch so sein, weil es halt so ist!

Sobald man dann ein konstruktives Argument liefert, heißt es ohnehin nur: Schau dir doch mal das Müll-Pokémon an. Das ist einfallslos.

Über einen Haufen von Spiegeleiern, einen Stein mit Armen, einen umgedrehten Pokéball, einen Magneten und einen Haufen Schleim schweigt man lieber. Man weiß es ja besser.

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